Heimkehr der Goldreserven: Zuhause ist es doch am schönsten

OeNB/Niesner
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Es ist vollbracht, das Gold ist da. Zumindest die erste Tranche von 15 Tonnen.Bis 2020 soll die Hälfte des österreichischen Goldes wieder in Wien sein. Die Geschichte einer Heimkehr.

1233 Kilometer sind sie gereist, die Goldbarren der Republik Österreich. Verpackt in unspektakuläre, schwarze Plastikboxen wurden sie von London nach Wien überstellt, per Werttransport und Flugzeug. Jetzt liegen sie wieder in einem kargen Keller, wie Goldbarren das überhaupt gerne machen. Jeder einzelne der 1200 Barren wurde auf seine Echtheit überprüft und sogar durchleuchtet – um auch wirklich ganz sicher zu gehen, dass die Bank of England nicht mit Gold überzogenes Wolfram geschickt hat. Zur Beruhigung: Es gab keine Beanstandung, jeder Barren war echt, die Seriennummern waren korrekt. „Die Prüfung dauert rund zehn Minuten pro Barren. Auch das Gewicht wurde mit einer präzisen Waage überprüft – auf 0,01 Gramm genau“, erklärt der zuständige OeNB-Direktor Kurt Pribil.

Der Höchststand: 657 Tonnen

Kurz: Das Gold ist zurück – und am Freitag lud die Nationalbank einige Journalisten zu einer Besichtigung. Freilich: Erst der Anfang ist getan. Von den insgesamt 280 Tonnen Gold im Besitz der Nationalbank sollen bis 2020 140 Tonnen, also genau 50 Prozent, in Wien lagern. In der ersten Tranche wurden 15 Tonnen geliefert. Und dennoch: Es ist der vorläufige Höhepunkt einer bemerkenswerten Entwicklung in Richtung totaler Transparenz seitens der Währungshüter. Vor zwei Jahren war noch nicht mal bekannt, wo das österreichische Gold gelagert wird. Jetzt wird es nicht nur ins Land zurück geholt – sondern sogar der Öffentlichkeit präsentiert.

Es war wohl auch das erste mal in der Zweiten Republik, dass die Nationalbank Medienvertreter in ihr Allerheiligstes vorgelassen hat. Vorher gab es dort nämlich nicht viel zu sehen. Denn das Gold der Ersten Republik wurde von den Nationalsozialisten sofort nach dem Anschluss nach Berlin transportiert –78,2 Tonnen waren das damals. Nach dem Krieg wurden von den Alliierten 50,1 Tonnen restituiert. Aber auch der größte Teil der danach zusätzlich erwirtschafteten Goldreserven, wurde im Ausland gelagert – vor allem in London. Das hatte zwei Gründe: Erstens liegt London deutlich weiter im Westen als Wien – das damals gefährlich nahe am Eisernen Vorhang war. Zu nahe. „Aber das ist heute erfreulicher Weise kein Problem mehr“, sagt OeNB-Chef Ewald Nowotny. Der zweite Grund für London: Die britische Hauptstadt ist und bleibt ein wichtiger Handelsplatz für Gold.

„Hätten wir theoretisch Gold einsetzen müssen um den Wechselkurs des Schillings zu verteidigen, wäre das nur in London gegangen“, erklärt Nowotny. Dank der wirtschaftlichen Kraft Österreichs war das freilich kaum notwendig. Tatsächlich hat das Land in Zeiten des „Wirtschaftswunders“ Gold angehäuft. Der Höchststand wurde in den 1980er-Jahren mit rund 657 Tonnen erreicht.

Der darauf folgende Verkauf von etwas weniger als 400 Tonnen über 20 Jahre war zwar zum Teil politisch motiviert (Stichwort „Nulldefizit“) – aber auch dem enormen nationalen und internationalen Erfolg der österreichischen Philharmoniker-Münze geschuldet, die 1989 eingeführt wurde.

Mit der Einführung des Euro hat sich die Rolle des Goldes nicht nur für Österreich – sondern im gesamten Geldsystem – noch einmal gewandelt. Seit der Jahrtausendwende ist der Wert des Goldes (in Euro gemessen) um rund 240 Prozent gestiegen – und mit ihm die Bedeutung des Metalls als Währungsreserve des gesamten Eurosystems, denn die Europäische Zentralbank passt die Bewertung der Goldreserven in ihrer Bilanz vier mal pro Jahr an den aktuellen Goldpreis an.

Gleichzeitig bedeutet dies, dass an den Handelsplätzen London und Zürich selbst für den äußersten Notfall nicht mehr das gesamte Gold der Republik lagern muss – einfach weil die dort verbleibenden 140 Tonnen ohnehin wertvoll genug sind. „Gold ist immer die letzte Rückzugslinie gewesen. Die eiserne Reserve. Heute ist die Rolle von Gold auch die eines Sicherheitspolsters für Österreich“, erklärt Nowotny. Die Eurozone hat mit rund 10.800 Tonnen die weltweit größten Goldreserven und liegt noch vor den USA, die 8133 Tonnen haben.

Bei Gründung des Euro haben die teilnehmenden Zentralbanken einen Teil ihres „Startkapitals“ in Gold einbezahlt – aus Österreich kamen damals 22 Tonnen. Die EZB hält heute rund 500 Tonnen als sofort einsetzbare Währungsreserve. Die übrigen rund 10.000 Tonnen werden von den nationalen Notenbanken gehalten. „Wir sind die Treuhänder für die Staatsbürger“, sagt Nowotny.

Keine weiteren Verkäufe

Auch die Deutsche Bundesbank hat mit der Rückholung ihrer Goldreserven längst begonnen. Und Frankreich hatte bereits Ende der 1960er sein Metall aus New York abgeholt – und damit indirekt das Ende des Nachkriegs-Geldsystems von „Bretton Woods“ eingeläutet. Und auch außerhalb der Industrieländer hat man wieder großen Gefallen gefunden, an dem Metall, dass von Ökonomen gerne als „barbarisches Relikt“ verspottet wird.

Russland, China und viele kleinere Länder kaufen seit Jahren zu. China sagt inzwischen auch ganz offen, dass man mehr Gold als die USA anhäufen will – als Unterstützung der Landeswährung Yuan auf ihrem Weg zu einer bedeutenden Weltwährung. In Europa beschränkt man sich derweil darauf, nichts mehr von dem glänzenden Metall herzugeben. „In meiner Amtszeit ist keine einzige Unze verkauft worden“, so Nowotny.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2015)

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