Zielpunkt: 150 Interessenten rittern um die Filialen

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Bei der Verwertung der 229 Geschäfte geht es Masseverwalter Freimüller nicht nur um den Preis, sondern auch um die Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter. Bei Baumax fanden 80 Prozent der Beschäftigten wieder einen Job.

Wien. Viel haben Michael Seidel und Michael Pichler nicht mehr zu tun: Der Vorstandschef von Baumax und der Personalchef müssen eigentlich nur noch ihre persönlichen Sachen packen. Denn die Baumarktkette ist mit dem Abschluss des Verkaufsprozesses der Standorte in Österreich und Tschechien Geschichte. Seit gestern, Montag, herrscht im Gros der Filialen auch schon wieder Betrieb: Die deutsche Heimwerkerkette Obi, die hierzulande 49 der 64 Filialen und in Tschechien vier der 22 Märkte übernahm, hat am Montag nach gründlichem Umbau die Geschäfte in Betrieb genommen.

Dass angesichts der prekären Ausgangslage – Baumax hatte sich mit der Ostexpansion übernommen und stand mit 160 Mio. Euro Verlust und einem hohen negativen Eigenkapital vor der Pleite – die Restrukturierung überhaupt geschafft wurde, wertet Seidel als Erfolg. Was ihm besonders wichtig ist: „80 Prozent der hierzulande 3800 Beschäftigten fanden wieder einen Job, gegenüber Lieferanten haben wir alle Verbindlichkeiten erfüllt, und die Banken erhielten den Großteil der Kredite zurück.“

So weit ist man bei Zielpunkt – dem größten Insolvenzfall im Handel seit Dayli und Niedermeyer – noch nicht. Bis gestern Mitternacht konnten Interessenten konkrete Angebote für die 229 Filialen legen. Das Griss ist groß: Wie „Die Presse“ von Kreditschutzverband (KSV) und Creditreform übereinstimmend erfuhr, liegen Masseverwalter Georg Freimüller Angebote von gut 150 Interessenten vor. Die Bandbreite sei groß, sie reiche von den Branchenriesen Rewe und Spar bis zum Greißler, sagt Gerhard Weinhofer von der Creditreform.

Erste Ergebnisse im Jänner?

Schon heute, Dienstag, dürfte es bei einer Gläubigerausschusssitzung zu ersten Entscheidungen kommen. „Wenn alles glattgeht und man sich einvernehmlich einigen kann, könnte es zumindest bei einigen Filialen schon im Jänner zu einem Neuanfang kommen“, meint Christoph Vavrik vom KSV.

An sich ist das Prozedere vorgegeben: Da so gut wie alle Filialen angemietet sind, müssen formal alle Filialen geschlossen und die Mietverträge sowie die Verträge der 2700 Beschäftigten gelöst werden. Letztere erhalten gerade ihre Novembergehälter und das Weihnachtsgeld vom Insolvenzfonds. Dann werden neue Mietverträge geschlossen und die Mitarbeiter – was alle hoffen – wieder eingestellt. Die Sicherung der Arbeitsplätze ist auch Freimüller wichtig: Bei den Offerten mussten Interessenten auch bekannt geben, ob und wie viele Mitarbeiter sie übernehmen.

Je rascher die Mieten fließen und je höher sie ausfallen, desto mehr Geld kann Freimüller für die Masse sichern. Denn die Dezembergehälter will er bereits aus der Masse zahlen. Die Höhe der Forderungen der rund 730 Gläubiger wird erst nächstes Jahr feststehen: Forderungen können bis 11. Februar angemeldet werden. Die Prüfungstagsatzung, bei der die Werthaltigkeit der Forderungen geprüft wird, ist am 25. Februar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2015)

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