Jobzufriedenheit sinkt erheblich

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Umfrage. Fast zwei Drittel der Österreicher sind unzufrieden mit ihrem Gehalt. In der Gastronomie, im Gesundheitswesen und bei den Banken steigt der Frust stark. Gut geht es hingegen den Beamten.

Wien. In den vergangenen fünf Jahren ist die Zufriedenheit der Österreicher mit ihrem Job erheblich gesunken. Dies geht aus dem neuen Arbeitsmarkt-Barometer der Allianz-Versicherung hervor. Der Rückgang sei dramatisch, sagt Inge Schulz, Personalchefin der Allianz. Gaben 2010 noch 82 Prozent ihrem Arbeitsplatz eine gute Benotung, so sind das derzeit nur noch 63 Prozent. Für die repräsentative Vergleichsstudie wurden jetzt und vor fünf Jahren 1000 Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren befragt.

Interessant ist das Ranking geordnet nach Branchen: Am stärksten sank die Jobzufriedenheit in Österreich in der Gastronomie, im Gesundheitswesen und bei den Banken. In der Gastronomie und im Gesundheitswesen sind viele Jobs teilweise schlecht bezahlt. Hinzu kommen unregelmäßige Arbeitszeiten. So müssen beispielsweise Krankenpfleger auch in der Nacht und am Wochenende arbeiten. Besonders schwierig ist weiters die Lage bei den Banken.

Weil immer mehr Menschen ihre Finanzgeschäfte digital erledigen, sind viele Filialen überflüssig. In Österreich gibt es derzeit noch 75.000 Bankmitarbeiter. Davon könnte in den nächsten vier bis fünf Jahren ein Drittel verloren gehen, schätzt die Nationalbank. Am zufriedensten sind die Beamten, was vor allem mit der Sicherheit ihrer Jobs zusammenhängt.

(C) DiePresse

Im Gegensatz zu früher zittern immer mehr Menschen um ihren Arbeitsplatz. 20 Prozent halten ihren Job für latent und zwölf Prozent für akut gefährdet. Ein weiteres Kriterium ist das Gehalt. Knapp zwei Drittel der Befragten sind mit der Bezahlung unzufrieden. Zwar sind in den vergangenen fünf Jahren die durchschnittlichen Bruttoeinkommen leicht gestiegen, doch unter Einbeziehung der Inflation mussten viele Österreicher Reallohnverluste hinnehmen.

Trotz der stark nachlassenden Zufriedenheit wollen 69 Prozent der Befragten ihren Job nicht wechseln. Als weitere Gründe für die gesunkene Zufriedenheit im Job nennen die Befragten neben schlechter Bezahlung fehlende Weiterbildungsmöglichkeiten und geringe Karrierechancen. Hinzu kommt die Arbeitszeit. Laut Statistik Austria arbeiten in Österreich die Vollzeitarbeitskräfte durchschnittlich 43,1 Stunden in der Woche. In der Umfrage der Allianz-Versicherung gaben die Befragten als Wunscharbeitszeit 33,6 Stunden in der Woche an.

Alarmierend sind die Umfrageergebnisse bei den Lehrlingen. Denn 50 Prozent der Lehrlinge gaben an, dass sie mit ihrer Jobsituation unzufrieden sind.

Umbruch auf Arbeitsmarkt

Um die Situation zu ändern, sieht Schulz von der Allianz-Versicherung die Unternehmen gefordert. Sie sollen sich mehr darum kümmern, die Beschäftigten mit besseren Arbeitsbedingungen zu motivieren. Laut Schulz habe der Arbeitgeber nichts davon, wenn sich ein Drittel der Mitarbeiter unzufrieden und unmotiviert am Arbeitsplatz befindet.

Die Umfrage zeigt, dass sich viele Beschäftigte mit dem zunehmenden Wandel auf dem Arbeitsmarkt schwertun. Doch mit der Industrie 4.0 und später Industrie 5.0 steht schon die nächste Revolution vor der Tür. Mit der Digitalisierung und dem technologischen Wandel wird sich der Arbeitsmarkt weiter verändern.

„Das Tempo wird sich deutlich erhöhen“, sagt Schulz. Um im Wettbewerb mithalten zu können, wird von den Beschäftigten mehr Flexibilität gefordert. Die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung fordern zur Stärkung des Standorts Österreich flexiblere Arbeitszeitmodelle. Zugleich wird eine gute berufliche Ausbildung noch wichtiger. Auch die Menschen, die einen Job haben, sollen sich laufend weiterbilden.

Zwar jammern die Österreicher gern, doch ihnen geht es im internationalen Vergleich gut. Am gestrigen Dienstag hat die OECD eine Studie über die Jobqualität in 45 Ländern veröffentlicht. Gemessen wurden unter anderem die Bezahlung und die Jobsicherheit. Österreich schneidet hier in vielen Punkten gut ab. Besonders schlimm ist die Lage in Spanien, Griechenland und in Italien, wo sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise deutlich verschlimmert hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2016)

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