Porr will Bester, nicht Größter sein

Porr-Chef Strauss hält neue Barrieren auf dem EU-Arbeitsmarkt für Schwachsinn.
Porr-Chef Strauss hält neue Barrieren auf dem EU-Arbeitsmarkt für Schwachsinn.Stanislav Jenis
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Der Baukonzern verdiente 2015 gut. Dabei regiert die Vorsicht: weniger Arabien, mehr Nordeuropa. Die Entsenderichtlinie verschärfen? Für Chef Strauss die „Schnapsidee des Monats“.

Wien. Karl-Heinz Strauss hat mit seiner Porr turbulente Jahre hinter sich. Die schweren Blessuren in Osteuropa hat der Chef und Großaktionär durch Rückzug aus den meisten Märkten verheilen lassen. Der Umbau zur reinen Baufirma durch Abspaltung der Immobiliensparte ließ die Nettoverschuldung verschwinden. Die Pleite der Alpine sorgte für zusätzliches Geschäft. Heute steht der zweitgrößte Baukonzern des Landes (nach der Strabag) stark da – gerade durch die Beschränkung auf ertragreiche Projekte in risikoarmen Märkten.

Die Zahlen für 2015 können sich sehen lassen: Der Umsatz stieg um gut vier Prozent auf 3,14 Mrd. Euro, der operative Gewinn um sieben Prozent auf knapp 88 Mio. „Ergebnis ist wichtiger als Umsatz“, lautet das Credo. Umgemünzt auf das Geschäft: „Tun, was wir können. Möglichst viel selbst bauen. Nicht die Größten, aber die Besten sein.“ Immer stärker konzentriert sich die Porr auf sichere Länder mit hoher Bonität und Zahlungsmoral. „Schön vorsichtig“ eben – was sich aber offenbar bezahlt macht.

Aus Saudiarabien und dem Oman hat sich der Konzern zurückgezogen. Nur in Katar, wo das Geld zu Hause ist, setzt er sich fest (U-Bahn und Fußballstadien). Von Osteuropa bleiben nur zwei Länder, dafür aber als Kernmärkte: Tschechien, das stark wächst und künftig sogar wie Österreich flächendeckend bearbeitet wird. Und Polen, wo (dank EU-Geldern) viele Infrastrukturprojekte zu holen sind und die niedrigen Zinsen einen Bauboom befeuern. Zudem kommen Skandinavien und Großbritannien immer stärker ins Visier. Norden statt Südosten, das ist kurz gefasst die geänderte Stoßrichtung.

Die Stagnation in Österreich will Porr in Deutschland wettmachen, wofür soeben ein eigener Geschäftsbereich geschaffen wurde. Zwar ist beim großen Nachbarn das Wachstum ähnlich mager und der Wettbewerb genauso „brutal“. Aber in dem stark fragmentierten 300-Milliarden-Markt habe man als Komplettanbieter, der Ausführung und Planung übernimmt, genug Potenzial.

Dividende oder mehr Aktien

Für das laufende Jahr zeigt sich Strauss „sehr optimistisch“. Im ersten Quartal waren die Auftragsbücher mit einem Wert von 5,3 Mrd. Euro so prall gefüllt wie noch nie. Dazu sitzt Finanzchef Christian Maier auf einem Netto-Cash-Berg von 187 Mio. Euro: „Damit können wir kleinere bis mittlere Unternehmen kaufen, ohne eine Bank fragen zu müssen.“ Von der guten Entwicklung sollen auch die Aktionäre profitieren. Freilich wird der Titel im Prime Market nur träge gehandelt. Das Syndikat von Strauss und dem Tiroler Baumagnaten Klaus Ortner hält 54 Prozent, weitere neun Prozent bleiben im Unternehmen. Auch um den Streubesitz ein wenig zu beleben und die Aktie liquider zu machen, bietet Porr eine Premiere für die Wiener Börse an: Neben der regulären Dividende von einem Euro pro Aktie gibt es weitere 50 Cent als „Scrip“ oben drauf. Bei dieser in angelsächsischen Ländern üblichen (und auch geförderten) Variante kann der Anteilseigner zwischen einer Auszahlung und zusätzlichen Aktien wählen. Damit will Porr vor allem die Eigenkapitalquote erhöhen.

Wenn es um sein Geschäft geht, hält sich Strauss auch nicht mit politischen Kommentaren zurück. Als „Schnapsidee des Monats“ bezeichnet er Ideen, die EU-Entsenderichtlinie national nachzuschärfen. Entsprechende Vorstöße aus der SPÖ seien „Schwachsinn“. Mit einer Einschränkung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer aus Osteuropa würde man die Erfolge von 40 Jahren „mutwillig zerstören“. In einer „modernen, vernetzten Wirtschaft“ seien solche neuen Barrieren gar nicht vorstellbar: „Das Motto ,Wir lassen niemanden mehr herein‘ geht nicht.“ (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2016)

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