Bawag-Linz: Gutachten stärkt Bank

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Der 2007 abgeschlossene Swap zwischen der Stadt Linz und der Bawag sei damals „üblich“ gewesen, so das Gerichtsgutachten. Allerdings schränkt es die Forderung der Bank ein.

Wien. Länger als ein Jahr wurde im Linzer Rathaus und in der Wiener Bawag-Zentral fieberhaft darauf gewartet – seit Montag liegt es nun vor: Das Gutachten der beiden deutschen Sachverständigen Uwe Wystup und Thorsten Schmidt. Sie sollten im Auftrag des Gerichts klären, wie der „Swap 4175“ rechtlich zu bewerten ist, um den seit 2011 ein Rechtsstreit zwischen Linz und Bawag um eine Schadenssumme von 417,7 Mio. Euro plus Verzugszinsen (weitere 200 Mio. Euro) tobt.

Und ihr Urteil dürfte in Wien deutlich glücklicher aufgenommen worden sein als in Oberösterreich. Denn in dem Gutachten, das der „Presse“ vorliegt, finden sich Passagen, die vor allem die Position der Bawag stärken. So schreiben die Gutachter etwa: „Unstrittig ist, dass dem Swap 4175 ähnliche Produkte 2006/7 üblich waren.“ Er sei zwar „offensichtlich asymmetrisch gestaltet“ – das Ausmaß der möglichen Verluste war für Linz also wesentlich höher als die möglichen Gewinne. „Im Prinzip ist das allerdings nicht ungewöhnlich. Ein kleiner Gewinn mit hoher Wahrscheinlichkeit kann mit einem hohen Verlust mit kleiner Wahrscheinlichkeit aufgewogen werden“, so die Gutachter weiter.

„Keine Fachkenntnisse“

Auch das Argument von Linz, dass der Swap viel zu komplex konstruiert worden sei, wird von den Gutachtern weitgehend abgelehnt. „Die Zahlungsverpflichtungen des Swap (...) sind mit einfachen Grundrechenarten berechenbar und erfordern keine finanzmathematischen Fachkenntnisse. Insbesondere ergibt sich sofort, dass die Zinszahlungsverpflichtungen der Stadt Linz nicht beschränkt sind, sondern im Falle eines sinkenden Euro-Franken-Kurses unbegrenzt hoch ausfallen können.“

Letzteres war schlussendlich ja auch passiert. Zur Erinnerung: Begonnen hat alles mit der Suche der Linzer nach einer Absicherung gegenüber einem stärker werdenden Franken, da die Stadt Fremdwährungskredite aufgenommen hatte. Da man gleichzeitig aber auch die „Finanzierung optimieren wollte“, wie ein Gutachten über die Vorgänge aus dem Jahr 2012 zeigt, schloss Linz schlussendlich eben jenes fatale Tauschgeschäft mit der Bawag ab. Vereinfacht gesagt erhielt die Stadt Linz dabei von der Bank so lange mehr Geld als sie selbst zahlte, so lange der Euro-Franken-Kurs nicht unter 1,54 fällt.

Ab dem Unterschreiten dieses Wertes würden die Zahlungen von Linz an die Bawag jedoch drastisch ansteigen. Linz legte also kein Geld an, sondern gab der Bawag de facto eine Versicherung gegen ein Aufwerten des Franken. Anfangs war dies für die Linzer ein gutes Geschäft. Die Zahlungen der Bank in Höhe eines niedrigen einstelligen Millionenbetrags senkten den Zinsaufwand für die Kredite. Seit Ausbruch der Eurokrise wertete der Franken jedoch stark auf. Mittlerweile liegt der Kurs bei 1,08. Die „Versicherung“ von Linz wurde schlagend.

Fehlende Risiko-Strategie

Dass es soweit gekommen ist, hängt laut dem aktuellen Gutachten vor allem mit der „Nicht-Verwendung eines Risiko-Leitfadens“ bei der Stadt Linz zusammen. Es habe einfach keine Ausstiegs-Strategie gegeben. Durch eine „Stop-Loss-Strategie“ wäre das „außergewöhnlich deutliche Erstarken des Schweizer Franken durchaus beherrschbar gewesen“, heißt es weiter.

Linz stellte indes 2011 einfach die Zahlungen an die Bawag ein und befindet sich seither in einem Rechtsstreit mit der Bank. Versuche für einen Vergleich sind bisher gescheitert, obwohl beide Seiten in der Vergangenheit immer wieder versicherten, daran interessiert zu sein. Ob das Gutachten diesen nun erleichtert, ist fraglich. Denn bei der Bawag sieht man sich am Dienstag „in zentralen Fragen gestärkt“. In Linz war auf Anfrage bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe kein Kommentar zu erhalten.

Zurückhaltend ist das Gutachten übrigens beim Streitwert. Die von der Bawag geforderten knapp 420 Mio. Euro entsprechen demnach zwar „ungefähr“ dem eingetretenen Schaden. Allerdings nur dann, wenn der sogenannte Quanto-Effekt (ein spezieller Effekt bei Währungsgeschäften), der „bei Abschluss des Swaps eine eher geringere Rolle spielte“, berücksichtigt wird. Ohne Quanto-Effekt würden sich die „Auflösungskosten“ auf lediglich 212,4 Mio. Euro belaufen. Sie lägen damit „deutlich unter der Gesamtforderung der Bawag“, so das Gutachten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2016)

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