Eigentümer, Machtpotenzial, Gegner blieben nie lange gleich.
Wien.„Ich bin froh, wenn die Konzentration auf das Heute da ist“, sagt Peter Hanke, Chef der Wien Holding. Ein Abriss ihres bewegten Lebens seit Gründung durch Bürgermeister Leopold Gratz 1974 erklärt die Beteuerung. Gratz hatte die privatwirtschaftlichen Beteiligungen Wiens in einer Holding zusammengefasst. Es galt die „Holding-Doktrin“: Sie durften ihre Fühler nur nach Kommunalthemen innerhalb der Stadtgrenzen ausstrecken.
Wiens Vizebürgermeister und Finanzstadtrat Hans Mayr strich die Doktrin 1989 ersatzlos, kaufte die Wienerwald-Kette und verkaufte 49 Prozent der Holding an Banken und Versicherungen. Die eine Milliarde Schilling, die dafür floss, konnte er im Stadtbudget gut brauchen. Der Aufschrei der Opposition war groß: ÖVP und FPÖ forderten eine „echte“ Privatisierung durch den Verkauf von mehr als 50 Prozent und betonten, dass sich nichts am Machtgefüge ändere, da die gemeindeeigene Zentralsparkasse 17 Prozent bekam.
Schreiduelle im Gemeinderat
Als sich Wien 1992 von weiteren 30 Prozent trennte und beinahe alle an die Nachfolgerin der Zentralsparkasse, die Bank Austria, wanderten, war der Eklat noch größer. Nächtliche Schreiduelle im Gemeinderat und Vorwürfe der „Scheinprivatisierung“ an die als SP-nah geltende Bank folgten. Der Stadt brachte der Deal 700 Millionen Schilling. Die Bank Austria stieg durch die Einverleibung der kommerziellen Holding-Töchter zu einem der größten Konzerne des Landes auf. Der Gemeinde blieben vom „Tafelsilber des Rathauses“ beinahe nur die kommunalen Verlustbringer.
Nachdem die Umschichtungen viel Staub aufwirbelten, wurde die Reorganisation der einstigen Wiener Wirtschaftsmacht ab 2000 still und heimlich betrieben: Wien trat fast unbemerkt seine verbliebenen 21 Prozent an die Bank ab und gründete 2002 die heutige Holding. Diese kaufte viele ehemalige Töchter zurück – teils unter weiter Auslegung der Gratz'schen Doktrin. (loan)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2016)