Arlberg-Skigebiete: „Wir haben Tourismus, sonst nix“

Zwischenstation Trittkopf
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Am Arlberg entsteht das größte Skigebiet Österreichs. Man will noch mehr Gäste anlocken – mit gutem Grund: Die Wirtschaft der gesamten Region hängt am Tourismus.

Wien. Aufstieg zum größten Skigebiet Österreichs, zugleich zum fünftgrößten der Welt: Als Donnerstagabend der Zusammenschluss der Arlberg-Skigebiete vor Journalisten präsentiert wurde, sparte man nicht mit Superlativen. Eine weitere kleine Sensation kam erst in der Fragerunde zutage: Der Bau von vier neuen Seilbahnen, durch die der Zusammenschluss realisiert wird, klappte ohne langwierige umweltrechtliche Streitereien. Das kann man nicht von vielen Seilbahnprojekten behaupten.

Warum die üblichen Probleme hier ausbleiben, wird beim näheren Hinsehen klar: Die Seilbahnen, durch die aus den Skigebieten St. Anton, St. Christoph, Stuben, Zürs, Lech, Schröcken, Warth ein einziges zusammenhängendes wird, ersetzen viele Straßenkilometer, die Arlberg-Skitouristen bisher zurücklegen mussten, wenn sie möglichst viele Abfahrten des Tarifverbundes nutzen wollten. „120 Transferbusfahrten pro Tag werden Geschichte“, sagte Martin Ebster, Chef des Tourismusverbandes St. Anton. Durch den Zusammenschluss sei zudem kein einziger Pistenkilometer dazugekommen. Wohl aber lasse sich jetzt ein Gebiet mit 305 Abfahrtskilometern, 200 Kilometern Tiefschneerouten und 87 Liften und Bahnen ohne Straßentransfer befahren.

Ohne Steuergeld gebaut

Eröffnet werden sollen die neuen Seilbahnen, die Doppelmayr baut, heuer zu Saisonstart Anfang Dezember, investiert werden insgesamt rund 45 Millionen Euro. Den Großteil der Kosten stemmen die Zürser und Stubner Bergbahnen – wie betont wird, kommt das Projekt ohne Steuergeld aus. Aber warum der Aufwand? Nur wegen der Superlative? Man wolle den Gästen noch mehr Qualität bieten, sagt Germana Nagler von Lech Zürs Tourismus, „viele werden lieber in Gondeln sitzen als dicht gedrängt im Bus zu stehen“. Letztlich geht es aber um die Bettenauslastung in einem Gebiet, in dem es, wie Ebster zur „Presse“ sagt, „Tourismus gibt und sonst nix“. Über 90 Prozent an der Gesamtwirtschaft der Region mache der Fremdenverkehr aus, „und indirekt wahrscheinlich sogar noch mehr“. Denn auch Handwerksbetriebe und Handel verdanken ihr Geschäft dort letztlich großteils dem Tourismus, „und Industrie gibt es keine“.

(c) Die Presse

Die Bettenauslastung liege im Saisonschnitt bei etwa 87 Prozent, sagt Ebster, damit sei man zufrieden, aber es bedeute auch, „dass es noch Potenzial gibt“ – speziell außerhalb der Ferienwochen. Man habe auch Jahr für Jahr immer noch kleine Zuwächse verzeichnen können – selbst in der vergangenen Saison, die für viele Wintersportgebiete traurig verlief. Noch mehr Gästebetten seien aber nicht das Ziel, „auch wenn man natürlich niemandem verbieten kann, noch ein Haus zu bauen“. Und natürlich wolle man den Sommertourismus ausbauen. Das Thema Klimawandel nimmt man ernst, sagt Ebster: „Da stehen wir nicht drüber. Es muss nachgedacht werden: Was machen wir in Zukunft?“

Vorerst will die Region aber noch von ihrem Ruf als Wiege des alpinen Skislaufs profitieren. Und von klingenden Namen, von Hannes Schneider über Egon Zimmermann und Karl Schranz bis Mario Matt. Den Skistars aus dem Arlberg-Gebiet widmet man sogar einen eigenen Run of Fame. Eine Skirunde mit 65 Abfahrtskilometern und 18.000 Höhenmetern. (cka)

Die größten Skigebiete der Welt

Reihung nach öffentlich zugänglichen, präparierten Pistenkilometern:

1. Trois Vallées, FRA, 543 km

2. Paradiski (Les Arcs/La Plagne), FRA, 402 km

3. Park City / Deer Valley, USA, 360 km

4. Sella Ronda, ITA, 346 km

5. Arlberg, AUT, 305 km

6. Skizirkus Saalbach Hinterglemm-Leogang-Fieberbrunn, AUT, 270 km

6. Les Portes du Soleil, FRA/CH, 270 km

6. Matterhorn Ski Paradise, CH/ITA, 270 km

9. Via Lattea, ITA/FRA, 265 km

10. Skiwelt Wilder Kaiser / Brixental, AUT, 261 km

Quelle: Ski Weltweit / Montenius Consult

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2016)

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