Nach Trump-Sieg dürfte TTIP auf Eis gelegt werden

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Das Handelsabkommen zwischen EU und USA steht den protektionistischen Ankündigungen des künftigen Präsidenten entgegen.

Wien. Spätestens seit dem Gezerre in den vergangenen Wochen rund um das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (Ceta) war klar, dass das ungleich größere und schwierigere Abkommen mit den USA (TTIP) in der derzeitigen Verhandlungsform nur wenige Chancen für eine rasche Verwirklichung hat. Der Wahlsieg Donald Trump dürfte den Deal jetzt definitiv auf Eis gelegt haben.

Denn für Trump ist – und das hat er im Wahlkampf immer wieder betont – weltweiter Freihandel schädlich für die US-Wirtschaft („ökonomische Kapitulation“), er will statt dieser großen Abkommen maximal bilaterale Vereinbarungen treffen.

Ob die Machtübernahme durch Trump tatsächlich der Tod von TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) ist, wird sich erst weisen, wenn er tatsächlich im Amt ist und Wirtschaftspolitik betreiben muss. Bisher hat er sich vor allem grundsätzlich gegen solche Deals ausgesprochen – vor allem gegen den nordamerikanischen Handelspakt Nafta und das geplante Abkommen mit den Pazifikstaaten TTP. Der Pakt mit Europa stand noch nicht an seiner vordersten Front.

So sind die europäischen Reaktionen auch sehr unterschiedlich: Die EU-Kommission gibt TTIP noch nicht verloren. Es gebe unverändert gute Gründe für den Handelsvertrag wie neue Jobs und ein besseres Investitionsklima, sagte Kommissionsvizepräsident Jyrki Katainen am Mittwoch in Brüssel. Es sei klar, dass mit dem Regierungswechsel in Washington nun eine Pause bei den Verhandlungen eintrete. Aber eine klare Positionierung Trumps gegen TTIP kenne er nicht.

Auch die deutsche Regierung schreibt das Abkommen nicht ab. Regierungssprecher Steffen Seibert verneinte die Frage, ob TTIP mit dem Sieg von Trump „tot“ sei. Auch von Wirtschaftsseite gab es Äußerungen, dass man erst abwarten müsse. Aber insgesamt war der Tenor eindeutig pessimistisch. Vor allem in Staaten, wo es schon mit Ceta Probleme gab, etwa Österreich: So sieht Vizekanzler Reinhold Mitterlehner jetzt „keine Chance mehr für das Abkommen in dieser Form“. Auch der neue IHS-Chef, Martin Kocher, bezeichnet das Abkommen als „tatsächlich tot“.

Von den vehementesten Gegnern – Umweltschutzorganisationen und Grüne – gab es bis dato kaum Reaktionen. Dabei müssten gerade diese laut über den Trump-Sieg jubeln. Doch offenbar ist es den zumeist linken Vertretern dieser Gruppen peinlich, etwas für sie Positives am Trump-Sieg zu sehen.

Weniger Zölle

Worum geht es bei TTIP genau? So wie bei Ceta sollen Handelshindernisse abgeschafft und den Unternehmern ein leichterer Zugang zum jeweils anderen Markt gegeben werden – und zwar durch weniger Zölle und gleiche Normen bei Produkten und Ausschreibungen.

Damit erschöpft sich der Vergleich mit Ceta. Die USA sind wirtschaftlich ein weit größerer Gigant und dort gibt es – im Gegensatz zu Kanada – zahlreiche Weltkonzerne mit anderen Interessen. In den USA spielt auch die Landwirtschaft eine wichtige Rolle. Die Sorge der Europäer, dass Verbraucherstandards aufgeweicht werden, ist bei TTIP extrem groß.

Die letzte Verhandlungsrunde zwischen der EU und den USA fand Anfang Oktober statt. Dabei ging es vor allem um Marktzugang, öffentliche Aufträge und Investitionsschutz. Einigung wurde bisher noch kaum erzielt; ob und wann es eine weitere Gesprächsrunde gibt, ist derzeit völlig offen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2016)

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