Teuer erkaufte Hilfe für die Bauern

Bauernhöfe werden ab 2017 wertvoller – zumindest für die Steuer, weil die Einheitswerte neu berechnet werden.
Bauernhöfe werden ab 2017 wertvoller – zumindest für die Steuer, weil die Einheitswerte neu berechnet werden.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Landwirte können sich freuen: Sie müssen in diesem Quartal nur die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge bezahlen. Doch das kommt die Bauern – oder die Steuerzahler – ab 2020 ziemlich teuer.

Wien. Lange hatte die Koalition über finanzielle Hilfe für die Bauern verhandelt: Sollen die Sozialversicherungsbeiträge für ein Quartal zu 100 Prozent erlassen oder nur gestundet werden? Wer soll die Hilfe bekommen? Alle Bauern oder nur Kleinbauern?

Ende November segnete der Ministerrat einen mühsam zwischen SPÖ und ÖVP verhandelten Kompromiss im Ausmaß von knapp 90 Millionen Euro ab: Allen Bauern werden bis zu einer Beitragsgrundlage von 2350 Euro die Zahlungen für das letzte Quartal 2016 erlassen. Das hätte etwa 80 Prozent der Bauern betroffen. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) sprach von einem „tauglichen Kompromiss“.

Doch die Bauernvertreter rebellierten: Allen – auch den Großbetrieben – müssten die Beiträge gestrichen werden, forderte die Landwirtschaftskammer. Also gab es neue Verhandlungen im Parlament, wo man kürzlich einen Nachlass von 53 Prozent auf die Sozialversicherungsbeiträge für alle Bauern – unabhängig von Betriebsgröße und Einkommen – im letzten Quartal 2016 beschloss. Laut Landwirtschaftskammer erspart sich jeder Bauer damit 250 bis 2500 Euro.

Die einmalige Hilfe wurde freilich teuer erkauft. Denn im Gegenzug strich die Regierung der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) einen wichtigen finanziellen Zuschuss: 31 Millionen Euro, die die SVB bisher jedes Jahr aus den Mitteln der Tabaksteuer erhalten hat. Das Geld ging in die bäuerliche Krankenversicherung, künftig fließen die Mittel in die Finanzierung der Gebietskrankenkassen.

Mit dem Entfall kommt die SVB unter Druck. Bisher wirtschaftete der Bereich Krankenversicherung positiv. Ausgaben von 585 Millionen Euro standen 2016 Einnahmen in Höhe von 636 Millionen Euro gegenüber (das inkludiert die Bundeszahlungen für die Krankenversicherung der Pensionisten). Auch wenn man die Unfallversicherung dazurechnet, bleibt am Ende ein kleines Plus (heuer gab es hier Einnahmen von 99 Millionen Euro bei Ausgaben in Höhe von 116 Millionen Euro).

Defizit ab 2020

Mit dem Streichen der Tabaksteuerzuwendungen wird sich diese Rechnung grundlegend ändern: 2017 werde man noch mit einem Plus abschließen, rechnet man in der Sozialversicherungsanstalt der Bauern vor. Doch ab 2020 kippe man massiv ins Minus: Im Bereich Krankenversicherung werde es ab diesem Zeitpunkt jährlich ein Defizit zwischen 60 und 70 Millionen Euro geben, erklärt die SVB.

Die Folge: Entweder erhöht man die Versicherungsbeiträge für die Landwirte bzw. streicht Leistungen, um dieses Minus auszugleichen. Oder es springen alle Steuerzahler ein, und der Bund schießt der Versicherungsanstalt der Bauern mehr Mittel zu.

Schon jetzt finanziert der Bund einen Großteil des Budgets der SVB. Laut Rechnungsabschluss gab die SVB im Jahr 2015 insgesamt 3,27 Milliarden Euro für die Bereiche Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sowie für Pflegegeld aus. 2,34 Milliarden Euro – oder 71,6 Prozent der Mittel – kamen vom Bund, die Beiträge der Versicherten deckten nur 28,4 Prozent der Aufwendungen ab. Der Großteil der Bundesmittel – 1,83 Milliarden Euro – ging in den Bereich Pensionen.

Einheitswerte ändern sich

Der Bund holt sich freilich ab dem kommenden Jahr frisches Geld von Österreichs Landwirten. Denn ab 2017 werden die Einheitswerte neu berechnet, die als Basis für Steuern und Sozialabgaben dienen. Künftig wird ein Drittel der Direktzahlungen (ein Teil der Subventionen an Bauern) zum Einheitswert hinzugerechnet. Das dürfte in den meisten Fällen zu höheren Grund- und Einkommensteuern, zu einer höheren Kammerumlage und auch zu höheren Sozialversicherungsbeiträgen führen. Nicht in allen Fällen, wie die Landwirtschaftskammer erklärt. Denn die alten Einheitswerte stammten aus dem Jahr 1988, dazwischen ergaben sich durch den EU-Beitritt andere Preise und Berechnungsmethoden. In einigen Fällen könne es daher ab 2017 auch zu geringeren neuen Einheitswerten kommen.

Die Grünen dagegen glauben, dass vor allem kleine Betriebe unter der Neuberechnung ab 2017 leiden werden. Ein Kleinbetrieb (Einheitswert von 5000 Euro) werde demnach pro 1000 Euro Einheitswerterhöhung jährlich 788 Euro mehr für Steuern und Abgaben zahlen müssen. Ein Großbetrieb (Einheitswert von 130.000 Euro) müsse dagegen pro 1000 Euro nur 19 Euro mehr bezahlen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2016)

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