Die Opfer der Smartphone-Ära

A Kodak Ektra smartphone is displayed during the 2017 CES in Las Vegas
A Kodak Ektra smartphone is displayed during the 2017 CES in Las VegasREUTERS
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Seit Apple 2007 das iPhone vorgestellt hat, ist in einigen Branchen kein Stein auf dem anderen geblieben. Zu den Verlierern gehörten unter anderem Nokia, Blackberry und der Kamerahersteller Kodak.

In den 1990er-Jahren dachte bei Kodak bestimmt niemand, dass die Firma die Digitalisierung nicht überleben könnte. Das Geschäft mit Digitalkameras nahm Fahrt auf, und man war ganz vorn dabei, produzierte sogar die erste (und letzte) Digitalkamera von Apple. Es folgten digitale Bilderrahmen, Fotodrucker und Onlinespeicher.

Kodak hat die Digitalisierung keineswegs verschlafen. So richtig hineingestürzt hat sich die Firma jedoch auch nicht, und die Umsätze sanken langsam, aber kontinuierlich. Die fast 20 Mrd. Dollar (18,9 Mrd. Euro) Umsatz Anfang der 90er-Jahre schmolzen bis 2007 auf rund die Hälfte zusammen. Den Todesstoß scheint Kodak aber der Siegeszug des Smartphones versetzt zu haben. Ein Jahr nach der Einführung des iPhones, 2008, brachen die Umsätze von Kodak richtig ein – ein Trend, der 2012 in die Pleite führte.

2009 wurden weltweit bereits mehr Smartphones als Kompaktkameras verkauft, und 2011 übertrafen die Smartphoneverkäufe erstmals den Absatz des gesamten Digitalkameramarktes. Für traditionelle Hersteller blieb die Flucht in Profi- und Luxussegmente. Überstanden haben das Canon, Nikon und Sony, doch auch bei ihnen sinken die Umsätze.

Apple hat mit dem iPhone aber auch einem Produkt aus den eigenen Reihen das Leben schwergemacht. 2007 kam noch fast die Hälfte der Umsätze aus dem iPod-Geschäft. Bis 2014 sank dieser Anteil auf nur ein Prozent. Das Geschäftsmodell für digitale Musik hat sich gewandelt. Statt Musik zu besitzen, schließen Nutzer lieber monatliche Abos ab. Salonfähig gemacht hat dieses Modell das Smartphone. Dass der iPod dank iPhone früher oder später zu Grabe getragen werden muss, war und ist Apple bewusst. Kannibalisierung gehöre zur Firmenstrategie, erklärte Chef Tim Cook während einer Bilanzkonferenz 2013. Die Devise: Solange es die eigenen Produkte sind, die anderen den Garaus machen, ist ja alles in Ordnung.


Abstieg der Handypioniere. Diesem Grundprinzip der Innovation hätten andere Firmen wohl beizeiten auch folgen sollen. Besonders lang ist die Liste der Opfer in der Mobilfunkbranche selbst. Die berühmtesten sind Nokia und Blackberry. Den Marktführer der Handy-Ära hat es in diesem Geschäftsfeld komplett dahingerafft. Der Smartphonepionier Blackberry konnte sich dank der Nische für Geschäftskunden länger auf dem Markt halten. Seit 2011 sind die Umsätze des Unternehmens allerdings von fast 20 Mrd. Dollar auf nur knapp mehr als drei Mrd. Dollar im Jahr 2015 geschmolzen.

Dass vergangenes Jahr die Einstellung der eigenen Hardwareproduktion angekündigt wurde, ist bestimmt kein gutes Zeichen.


Navi-Markt im Umbruch. Bei Navigationsgeräten ist die Situation etwas komplizierter. In der Automobilbranche werden dank Digitalisierung Bordcomputer immer wichtiger. Google und Apple bieten dafür eigene Betriebssysteme und Kartensysteme an. Dass die deutschen Autobauer BMW, Daimler und Audi Nokia das Digitalkartengeschäft Here abgekauft haben, zeigt, dass das letzte Wort in diesem heiß umkämpften Markt noch nicht gesprochen ist. Hersteller klassischer Navigationsgeräte spüren diese Umbrüche und auch die Konkurrenz durch Smartphones. Der Markt schrumpft, und neue Geschäftsfelder – im Fall von TomTom Sport-Tracking – wachsen leider nicht in derselben Geschwindigkeit.

Opfer

Kodak hat die Digitalisierung nicht überlebt. Das Unternehmen schlitterte 2012 in die Pleite.

iPod: Apple machte mit dem iPhone aber auch einem Produkt aus den eigenen Reihen das Leben schwer. So gingen die Umsätze aus dem iPod-Geschäft massiv zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2017)

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