Brexit: London denkt über neues Wirtschaftsmodell nach

Blick über den Finanzdistrikt in London.
Blick über den Finanzdistrikt in London.(c) Bloomberg (Matthew Lloyd)
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"Wenn man uns zwingt, etwas anderes zu sein, dann werden wir etwas anderes werden müssen", sagt der britische Finanzminister Philip Hammond.

Medien in Großbritannien spekulieren, dass Premierministerin Theresa May bei ihrer Grundsatzrede zum Brexit am kommenden Dienstag einen harten Kurs ankündigen wird. May werde zu erkennen geben, dass sie "bereit ist, Großbritannien aus dem europäischen Binnenmarkt und der Zollunion zu führen", schreibt der "Telegraph" in seiner Sonntagsausgabe. Sie werde für einen "sauberen" Schnitt mit der EU werben, hieß es. Auch die "Sun" berichtet dem Nachrichtensender "Sky News" zufolge in ihrer Sonntagsausgabe, May werde die Bereitschaft zum Ausscheiden des Landes aus dem Binnenmarkt deutlich machen.

Ein Regierungssprecher bezeichnete die Berichte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur als "Spekulationen". Der "Telegraph" beruft sich jedoch auf "zahlreiche Regierungsquellen" und zitiert teilweise ganze, wenn auch unspektakuläre, Absätze aus dem angeblichen Redemanuskript.

Ein Ausscheiden aus dem Binnenmarkt zählt als Voraussetzung, um die unkontrollierte Einwanderung von EU-Bürgern in das Land zu stoppen - eines der zentralen Wahlversprechen der Brexit-Befürworter. Ihnen wolle May entgegenkommen, so der "Telegraph". Die Zollunion muss Großbritannien verlassen, wenn es in der Lage sein will, bilaterale Freihandelsabkommen mit Drittstaaten wie Australien oder den USA abzuschließen. Das ist eines der erklärten Ziele der Regierung.

London will Wirtschaftsmodell neu überdenken

Großbritannien will nach den Worten von Finanzminister Philip Hammond bei einem fehlenden Zugang zum europäischen Markt jedenfalls sein Wirtschaftsmodell überdenken. Es sei zu hoffen, dass das Land in Bezug auf das Steuer- und Sozialsystem sowie die Regulierung der Wirtschaft erkennbar europäisch bleiben könne, sagte Hammond der "Welt am Sonntag".

"Aber wenn man uns zwingt, etwas anderes zu sein, dann werden wir etwas anderes werden müssen." Auslöser könnten die ökonomischen Umstände sein. "Wenn wir keinen Zugang haben zum europäischen Markt, wenn wir ausgesperrt werden, wenn Großbritannien die Europäische Union verließe ohne eine Übereinkunft über einen Marktzugang, dann könnten wir zumindest kurzfristig wirtschaftlichen Schaden erleiden. In diesem Fall könnten wir gezwungen sein, unser Wirtschaftsmodell zu ändern." Die Regierung in London hat bereits niedrigere Steuersätze für Unternehmen angekündigt.

Austritt im Jahr 2019?

Hammond ergänzte, im Frühjahr werde die Absicht offiziell mitgeteilt, aus der EU auszutreten. "Wir erwarten, dass wir mit substanziellen Verhandlungen mit der EU vor dem Sommer beginnen könnten." Ungewissheit schade der Wirtschaft in ganz Europa. "Wir würden gern so viel Klarheit wie möglich so früh wie möglich schaffen. Und wir hoffen, dass wir uns schnell einig werden, wie ein zukünftiges Arrangement aussehen könnte, und dass wir 2019 nahtlos dazu übergehen können."

Das Brexit-Votum vom 23. Juni habe auch die klare Botschaft gesendet, dass das Land Kontrolle über die Zuwanderung haben müsse. "Im Moment haben wir gar keine Kontrolle, so wenig wie Deutschland sie hat. Das muss aufhören." Weil auf der Insel Vollbeschäftigung herrsche, brauche die Wirtschaft Zuwanderer. "Daher werden wir uns rational und ökonomisch vernünftig verhalten."

>>> Zum "Welt am Sonntag"-Bericht

(APA/Reuters)

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