„Mit Protektionismus zündeln hat sich immer als Bumerang erwiesen“

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wifo und WKO. Ein Handelskrieg wäre auch für Österreich gefährlich. Den größten Schaden aber hätten die USA selbst.

Wien. Wäre Österreich ein wenig größer und ökonomisch bedeutender, hätte Donald Trump wohl schon längst auch die heimische Volkswirtschaft zum Ziel seiner Attacken gemacht. Die USA haben sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht nur zum zweitwichtigsten Markt für österreichische Exporteure entwickelt, mit einem Volumen von 9,1 Mrd. Euro und einem Anteil von knapp sieben Prozent. Auch der Überschuss der Exporte über die Importe ist mit 3,8 Mrd. Euro mit keinem anderen Handelspartner auch nur annähernd so groß. Eben eine solche relative Stärke in den Wirtschaftsbeziehungen ist dem neuen US-Präsidenten ein Dorn im Auge. Deshalb zieht er gegen China und Deutschland zu Felde.

Es geht für das kleine Österreich um viel: Die direkten Exporte in die Vereinigten Staaten sorgen für 4,5 Mrd. Euro an Wertschöpfung. An ihnen hängen 60.000 Arbeitsplätze. Rechnet man indirekte Exporte über Deutschland dazu – etwa Zulieferteile für deutsche Autos, die dann von Amerikanern gekauft werden –, erhöht sich die Zahl der Jobs, die auf dem Spiel stehen, auf 80.000.

Für Wifo-Chef Christoph Badelt hätte ein von Amerika angezettelter Handelskrieg daher „echtes Bedrohungspotenzial“. Und zu ihm dürfte es wohl kommen, wenn Trump seine Drohung wahr macht und die USA gegen Importe aus Mexiko einen Strafzoll oder eine Sondersteuer erheben. Weil das den Freihandelsvertrag Nafta verletzt, könnten Betroffene Amerika bei der Welthandelsorganisation (WTO) verklagen. Wenn Washington stur bleibt, stünde am Ende ein Ausschluss aus der WTO. Als „Outlaw“ der Weltwirtschaft könnte Trump dann dem freien Handel durch Zollschranken den Garaus machen. Aber mit welchen Folgen? „Das Zündeln mit Protektionismus ist brandgefährlich und hat sich in der Geschichte noch immer als Bumerang erwiesen“, warnt Jürgen Roth, Vizepräsident der Wirtschaftskammer (WKO). „Am Ende gibt es nur Verlierer.“

Wobei sich die Ökonomen einig sind: Der größte Verlierer wäre in diesem Fall Amerika selbst. Das IHS hat es mit dem Münchner Ifo-Institut im Dezember ausgerechnet: Wenn die USA gegenüber allen Handelspartnern Zölle verhängen und diese zurückschlagen, führt das für die Amerikaner zu Wohlstandseinbußen im Umfang von sechs bis acht Prozent. Den Mechanismus dahinter nennen Volkswirte „Fehlallokation von Ressourcen“: Güter werden nicht mehr in jenen Ländern hergestellt, die dazu relativ am günstigsten und besten in der Lage sind.

Zerbrochene Ketten, verlorene Jobs

Es mag zwar theoretisch möglich sein, dass die USA die internationalen Wertschöpfungsketten zerbrechen, die meisten Güter mehr oder weniger zwangsweise im eigenen Land produzieren und damit ihr Handelsbilanzdefizit loswerden (dass Trump Ähnliches tatsächlich vorschwebt, darauf deuten Aussagen seines obersten Wirtschaftsberaters, Peter Navarro, vom Dienstag hin). Aber die unmittelbare Folge wären massiv höhere Preise für viele Waren. Da sich zugleich alle Vorleistungen aus dem Ausland verteuern, wären auch „amerikanische“ Produkte betroffen, vom iPhone bis zum Chevrolet. Die Folge: sinkende Kaufkraft, Absatzeinbrüche, mehr Arbeitslose. Statt Jobs zu schaffen, hätte Trump in großem Stil Jobs vernichtet. Dann aber, prognostiziert Wifo-Chef Badelt, „werden auch die Trump-Wähler merken, worauf sie sich da eingelassen haben“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2017)

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