EZB will kein konkretes Datum für Ende der Anleihenkäufe

APA/dpa/Arne Dedert
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Die EZB hält ein Enddatum für Nettokäufe keine gute Idee. Das schrittweise Vorgehen der US-Notenbank Fed aus dem Jahr 2014 soll als Vorbild dienen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) will sich Insidern zufolge bei einem eventuellen Abschmelzen ihrer billionenschweren Anleihenkäufe gegen null möglichst viel Flexibilität bewahren. Deshalb hielten die Währungshüter nicht viel davon, ein konkretes Enddatum zu setzen, ab dem unter dem Strich keine Wertpapiere mehr gekauft werden sollen, sagten drei mit den Erwägungen vertraute Personen. Die Notenbanker würden damit auch betonen, dass ihr Stimulus-Programm keinem vorherbestimmten Kurs folge. Jegliche Schritte hingen von den Konjunkturdaten ab.

Als Blaupause für einen Ausstieg aus den Anleihekäufen diene das Vorgehen der US-Notenbank Fed im Jahr 2014, sagte einer der Insider. Die Fed hatte damals ihre Wertpapierkäufe in mehreren Schritten allmählich auf null zurückgefahren - in der Fachwelt "Tapering" genannt. "Die Fed hat den erfolgreichsten Ausstieg bewerkstelligt, daher ist es das Beispiel, das wir studieren", sagte einer der Insider. "Es ist wichtig, sich nicht vorher festzulegen und es sehr graduell zu halten." Die EZB lehnte eine Stellungnahme zu den Informationen ab.

Festgelegter Pfad würde Abweichungen nur schwer zulassen

Die Fed hatte im Dezember 2013 die erste Verringerung der Käufe angekündigt. Die Transaktionen endeten dann im Oktober 2014. Die Dollar-Wächter vermieden es damals, ein konkretes Enddatum zu nennen, obwohl dies an den Märkten vorhergesagt wurde. Den Insidern zufolge würde solch ein festgelegter Pfad es der Notenbank erschweren, falls nötig davon abzuweichen, ohne Marktturbulenzen zu verursachen. Bislang sei bei der EZB allerdings noch keine Entscheidung gefallen. Die Debatte sei offen, sagten die Insider weiter.

Die EZB steht aktuell vor der Schwierigkeit, dass die Inflation im Währungsraum nicht anzieht, obwohl sich die wirtschaftliche Erholung immer mehr festigt. Im Juni lag die Teuerung gerade einmal bei 1,3 Prozent - die EZB strebt aber knapp zwei Prozent als Idealwert für die Wirtschaft an. Einer der Gründe für die verhaltene Preisentwicklung ist das schwache Lohnwachstum im Euro-Raum. "Die Lohnabschlüsse im kommenden Jahr in Deutschland werden sehr wichtig sein", sagte einer der Insider. Die Gewerkschaften würden angesichts der steigenden Unternehmensgewinne mit ihren Forderungen nicht aggressiv genug vorgehen.

Nach einer Umrage rechnen Volkswirte zur Zeit mehrheitlich damit, dass die EZB auf ihrer September-Sitzung über die Zukunft der Anleihenkäufe entscheiden wird. Dann liegen den Euro-Wächtern auch neue Konjunkturschätzungen der Notenbank-Volkswirte vor, die für die Entscheidung eine wichtige Rolle spielen dürften. Die EZB erwirbt derzeit Staatsanleihen und andere Wertpapiere im Volumen von 60 Mrd. Euro. Das Gesamtprogramm soll noch bis mindestens Ende Dezember laufen und dann ein Volumen von 2,28 Billionen Euro erreichen.

(APA/Reuters)

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