Schwarzarbeit: Österreichs "schmutziges" Geheimnis

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Über zwei Milliarden Euro gaben die Österreicher im Vorjahr für ihre Haushaltshilfen aus. Aber nur jede 20. Putzfrau wird auch legal beschäftigt. Nach der Baubranche stellen sie die zweitgrößte Gruppe am Schwarzmarkt.

Wien (mac). Kochen, putzen, bügeln. Wer angesichts der tristen Wirtschaftslage im vergangenen Jahr erwartet hat, dass die Österreicher auf Putzfrau und Babysitter verzichten würden, wird enttäuscht. Trotz schwacher Konjunkturentwicklung und steigender Arbeitslosigkeit waren in 60 Prozent aller heimischen Haushalte zumindest gelegentlich bezahlte Aushilfen beschäftigt.

Mit rund 2,07 Milliarden Euro wurde somit um 1,7 Prozent mehr Geld beim Rasenmähen und Kinderhüten verdient, als im Jahr zuvor, so das Ergebnis einer Studie von Kreutzer Fischer & Partner. Beim heimischen Fiskus blieb davon aber vergleichsweise wenig hängen. Denn nur fünf von hundert Österreichern haben ihre Putzfrau ordnungsgemäß angemeldet. Kindermädchen arbeiten überhaupt zu 98 Prozent ohne Rechnung.

So taucht ein ganzer Sektor kurzerhand in den Schwarzmarkt ab. Allein im Bereich Haushalt konnten sich so 580.000 Menschen im Vorjahr einen Nebenverdienst sichern. In Summe leben in Österreich mehr als eine Million Menschen zumindest teilweise vom Pfusch. Jeder Fünfte arbeitet als Haushaltshilfe, doppelt so viele am Bau, der unangefochtenen Größe der Schattenwirtschaft.

Volkssport Pfusch

In Summe wurden im Vorjahr gut 20,5 Milliarden Euro am Finanzminister vorbeiverdient, errechnet der Linzer Ökonom Friedrich Schneider. 8,5 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes und fünf Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor. Mit der steigenden Arbeitslosigkeit blüht auch die Schwarzarbeit wieder auf, so seine Erklärung.

Moralische Bedenken hemmen die Österreicher hierbei nicht. Warum auch? Jeder dritte Erwachsene im Land lässt selbst immer wieder pfuschen, fast die Hälfte der Bevölkerung sieht darin schlimmstenfalls ein Kavaliersdelikt, und nicht wenige haben sich selbst am Wochenende schon etwas „nebenher" dazuverdient. Mit der steigenden Arbeitslosigkeit allein lässt sich der Pfuscherboom allerdings nicht erklären: Drei von vier Schwarzarbeitern haben einen Job, sind also „Nebenerwerbspfuscher".

Die Erklärung, warum nach einem Elektriker lieber in Polen als im Branchenbuch gesucht wird, ist stets dieselbe: Mehr als die Hälfte der Österreicher gibt in Umfragen an, sich bestimmte Dinge sonst einfach nicht leisten zu können. Nur ein Drittel der illegal erbrachten Leistungen würde auch in der „normalen Wirtschaft nachgefragt", sagt Schneider. Denn selbst wenn die Stundensätze auch am Schwarzmarkt steigen, bei Vollkosten von 8,70 Euro für eine Stunde Putzen oder 10,90 Euro für eine Stunde Kinderhüten, braucht kein Pfuscher legale Konkurrenz fürchten.

„Steuern sind Gift"

Ein vollzeitbeschäftigter Hausangestellter kostet, dank hoher Lohnnebenkosten, im Gegensatz dazu rund 50.000 Euro im Jahr. Doch so beliebt er auch ist, der Volkssport Pfusch hat seine Schattenseiten. Durch die Finger schauen nämlich das Sozial- und Steuersystem sowie all jene, die mit ihren Beiträgen brav den Wohlfahrtsstaat finanzieren. Rezepte, wie die Schwarzarbeit eingedämmt werden könnte, scheitern seit Jahren am Unwillen der Politiker, das Steuersystem zu reformieren. Steuern sind „Gift", mahnt der Linzer Ökonom in diesem Zusammenhang.

Wenn sie aber schon nicht sinken können, was zumindest im unteren Einkommensbereich hilfreich wäre, sollten Leistungen im haushaltsnahen Bereich eben auf andere Art und Weise verbilligt werden. Der Pfuschexperte fordert etwa die steuerliche Absetzbarkeit von 20 Prozent der haushaltsnahen Dienstleistungen und Investitionen bis zu einer Summe von 5000 Euro jährlich.

Der vom damaligen Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) im Jahr 2006 eingeführte „Dienstleistungsscheck" entpuppt sich laut der Studie von Kreutzer Fischer & Partner hingegen als Flop. Nur jede tausendste Haushaltshilfe war demnach bereit, den Scheck anzunehmen.

AUF EINEN BLICK

Über zwei Mrd. Euro erwirtschafteten Haushaltshilfen im Vorjahr in Österreich – vorwiegend im Pfusch. Nach der Baubranche stellen sie die zweitgrößte Gruppe am Schwarzmarkt.

Die steigende Arbeitslosigkeit und hohe Steuern sind Gründe für den neuerlichen Pfuscherboom.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2010)

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