AMS-Chef Kopf hält Jobbonus für "nicht mehr notwendig"

AMS-Chef Johannes Kopf spricht sich dafür aus, zwei SPÖ-Prestigeprojekte zu kürzen
AMS-Chef Johannes Kopf spricht sich dafür aus, zwei SPÖ-Prestigeprojekte zu kürzen Elke Mayr
  • Drucken

Angesichts der gut laufenden Wirtschaft spricht sich AMS-Chef Johannes Kopf dafür aus, den Beschäftigungsbonus zu streichen und die Aktion 20.000 für Langzeitarbeitslose deutlich zurückzufahren. Die Arbeiterkammer reagiert verärgert.

AMS-Chef Johannes Kopf spricht sich dafür aus, zwei SPÖ-Prestigeprojekte zu kürzen. Statt dieser Beschäftigungsmaßnahmen fordert er im "Standard" vom Donnerstag mehr Geld für Qualifizierungsprogramme.

Die Aktion 20.000 sollte in Gemeinden 20.000 Jobs für Langzeitarbeitslose über 50 schaffen. Sie kostet 780 Millionen  Euro, wobei nach Darstellung des Sozialministeriums davon 580 Millionen Euro das ohnehin fällige Arbeitslosengeld darstellen, die Mehrkosten also bei 200 Millionen Euro liegen. 1.500 Menschen wurden damit bisher vermittelt. Kopf will daraus eine "Aktion 5.000 oder 8.000" machen. Denn es drohe, dass die geförderten Personen Jobs am freien Markt verdrängen.

Der Beschäftigungsbonus wiederum bringt Firmen, die zusätzliche Jobs schaffen, drei Jahre lang die Hälfte der Lohnnebenkosten für diese neuen Stellen. Für einen Mitarbeiter mit 35.000 Euro Bruttolohn sind es über drei Jahre 16.000 Euro Förderung. Da die Wirtschaft jetzt stark wachse und es einen massiven Arbeitskräftebedarf gebe, brauche es keine spezifische Förderung für wachsende Unternehmen, meint Kopf. Daher wäre es sinnvoll, dieses Programm, das bis 2023 zwei Milliarden Euro kosten würde, zu stoppen.

Kopf will statt dessen mehr Geld für Facharbeiterintensivausbildungen oder das Programm "Aqua" (Arbeitsplatznahe Qualifizierung), bei dem Jobsuchende während sie vom AMS Unterstützung erhalten bei einem Betrieb ausgebildet werden.

Dadurch, dass künftig das Partnereinkommen bei der Berechnung der Notstandshilfe nicht mehr angerechnet werde, erwartet Kopf laut "Standard" jährliche Mehrkosten von rund 160 Millionen Euro.

Kopf spreche sich dafür aus, dass die Unterscheidung zwischen Arbeitslosengeld und danach Notstandshilfe fallen sollte. Statt dessen könnte es ein schrittweise sinkendes Arbeitslosengeld geben, um Menschen zur Annahme von Jobs zu motivieren. Dafür sollte die Auszahlung anfangs aber höher ausfallen und die Unterstützung länger gewährt werden, sodass die gesamte ausgezahlte Unterstützung nicht geringer ausfällt. Nach dem Arbeitslosengeld gäbe es nur mehr die Mindestsicherung. Dadurch würden aber Verpflichtungen zwischen Bund und Ländern verschoben, entsprechend schwierig wäre so eine Reform durchzusetzen.

AK pocht auf Aktion 20.000

Alice Kundtner, Bereichsleiterin für Soziales bei der Arbeiterkammer Wien, kann den Überlegungen des AMS-Chefs wenig abgewinnen. Eine Einschränkung der Aktion 20.000 würde die Beschäftigungschancen, für häufig auch mit Gesundheitsproblemen kämpfende ältere Arbeit-Suchende deutlich verschlechtern. Anstelle durch öffentliche Äußerungen alle Beteiligten und insbesondere die Mitarbeiter im AMS zu verunsichern und so den Erfolg der Aktion 20.000 zu gefährden, sollte konsequent an ihrer Umsetzung gearbeitet werden, verlangt sie.

Völlig unannehmbar seien die Vorschläge von Kopf zur Abschaffung der Notstandshilfe und ihren Ersatz durch die Mindestsicherung. Das würde die Einkommenssituation von aktuell mehr als 160.000 Arbeitslosen und ihren Familien dramatisch verschlechtern und der Gefahr von Armut im Alter aussetzen. Mindestsicherungsbezieher seien nämlich nicht pensionsversichert. Die Abschaffung der Notstandshilfe würde auch bedeuten, dass bereits nach wenigen Monaten Arbeitslosigkeit die Betroffenen zur Verwertung ihrer Vermögen gezwungen wären.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

THEMENBILD: ARBEITSLOSIGKEIT
Österreich

Jobs für Langzeitarbeitslose: Sozialminister verteidigt Aktion 20.000

Nachdem AMS-Chef Kopf anregte, aus der Aktion 20.000 eine Aktion 5000 zu machen, verteidigt Noch-Sozialminister Stöger das "effektive Instrument, um Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen".
Die Bademeister-Ausbildung in Wien ist kein Honigschlecken. Auch 13 Langzeitarbeitslose sollen demnächst eingeschult werden.
Österreich

Wie der Staat Jobs für Langzeitarbeitslose erfindet

Ab Anfang 2018 soll die Aktion 20.000 österreichweit anlaufen. Langzeitarbeitslose sollen in Kommunen oder bei NGOs Jobs bekommen. Etwa als Bademeister in Wien oder als Wanderwege-Aufsicht auf dem Land. Möglich ist aber auch, dass die neue Regierung die Aktion einstellt oder zumindest stark redimensioniert.
Innenpolitik

Koalition: "Aktion 20.000" für ältere Langzeitarbeitslose an der Kippe

Die SPÖ fürchtet, dass ÖVP und FPÖ das Beschäftigungsprojekt für Arbeitslose über 50 zurücknehmen könnten. Der ÖVP-Seniorenbund ist offen für Änderungen.
Österreich

Werden die AMS-Zahlen beschönigt?

Die Opposition wirft der Regierung statistische Beschönigungsversuche vor. So stieg die Zahl der ausländischen Schulungsteilnehmer um 21,1 Prozent. Dazu ein Faktencheck.
Türkis-Blau hat das Pilotprojekt zur Förderung älterer Langzeitarbeitsloser mit Jahresende 2017 ausgesetzt.
Innenpolitik

SPÖ will Veröffentlichung der "Aktion 20.000"-Studie erzwingen

Die SPÖ hegt den Verdacht, dass "positive Auswirkungen der noch von der rot-schwarzen Regierung eingeführten Beschäftigungsaktion geheim" gehalten werden sollen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.