Preistreiberei? Lufthansa in der Kritik

Die Preise für Lufthansa-Flüge sind um bis zu 30 Prozent gestiegen, seit es den Konkurrenten Air Berlin nicht mehr gibt.
Die Preise für Lufthansa-Flüge sind um bis zu 30 Prozent gestiegen, seit es den Konkurrenten Air Berlin nicht mehr gibt. (c) REUTERS (AXEL SCHMIDT)
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Nach der Air Berlin-Pleite sind Lufthansaflüge um bis zu 30 Prozent teurer geworden. Das deutsche Bundeskartellamt ermittelt. Der Konzern wehrt sich gegen die Vorwürfe.

Berlin/Frankfurt. Die deutsche AUA-Mutter Lufthansa wehrt sich nach dem Aus des Konkurrenten Air Berlin gegen Vorwürfe der Preistreiberei. „Was kolportiert wird über angebliche Preissteigerungen, ist nachweisbar nicht zutreffend“, sagte Lufthansa-Vorstand Harry Hohmeister der „Welt am Sonntag“. Es handle sich um Einzelfälle, die es auch früher montagmorgens und freitagnachmittags gegeben habe. „Für etwa 95 Prozent der Passagiere hat sich beim Preis nichts geändert.“

Das deutsche Bundeskartellamt nimmt die Preise der Lufthansa allerdings unter die Lupe. „Wir haben die Deutsche Lufthansa gebeten, uns Informationen über ihre Preissetzung zur Verfügung zu stellen. Wir werden uns die Daten ansehen und dann darüber entscheiden, ob wir ein Verfahren einleiten“, hatte der Chef der Behörde, Andreas Mundt, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur gesagt.

Lufthansa-Vorstand Hohmeister sagte dazu, man habe keine Geheimnisse, gute Argumente und nichts zu verbergen. „Wir können dem Kartellamt alles zeigen“, sagte er. Er zog einen Vergleich zur Deutschen Bahn, deren Preissystem auch keine festen Tarife habe, sondern auf eine steigende Nachfrage flexibel reagiere. „Wir können aber nachweisen, dass sich bei uns im Preissystem nichts geändert hat. Auch nicht innerhalb der Zwischenstufen in den Preisklassen.“

Nach dem Ausscheiden von Air Berlin fehlen jeden Tag Zehntausende Plätze im Flugverkehr. Die Preise sind nach Einschätzung von Branchenfachleuten im Durchschnitt auf manchen Strecken um bis zu 30 Prozent gestiegen.

Die Lufthansa hatte schon mehrfach betont, dass sie ihre Preisstruktur nicht verändert habe. Die höheren Durchschnittspreise entstünden durch die deutlich größere Nachfrage. Die vollautomatischen Buchungssysteme riefen dadurch wesentlich schneller höhere Preisklassen für Tickets auf. Bei der Lufthansa gibt es – je nach Buchungszeitpunkt und Auslastung – 26 verschiedene Preisklassen für ein Ticket. Die Lufthansa verweist außerdem darauf, dass sie Kapazitäten aufgestockt habe und trotz hoher Kosten sogar Jumbos im Inlandsverkehr einsetze, um den Mangel auszugleichen.

„Der Wegfall von Air Berlin schadet dem Wettbewerb und verknappt momentan das Angebot insbesondere auf vielen innerdeutschen Flugstrecken. Uns liegen Beschwerden über erhebliche Preiserhöhungen zum Nachteil der Kunden vor“, hatte Mundt erklärt. Im Fokus stehe dabei die Preispolitik der Lufthansa.

Lufthansa-CEO Carsten Spohr hatte 1000 neue innerdeutsche Flüge pro Monat angekündigt, sobald die EU-Wettbewerbsbehörde Grünes Licht gebe. Dann würden sich auch die Preise stabilisieren. Die Zustimmung aus Brüssel ist erforderlich für den geplanten Verkauf großer Teile der insolventen Air Berlin an die Lufthansa-Tochter Eurowings und den britischen Konkurrenten Easyjet. Eine erste Entscheidung in Brüssel könnte am 7. Dezember fallen. Möglich ist aber, dass die EU-Kartellbehörde eine vertiefte Prüfung verlangt. Dann würde sich das Verfahren weitere 90 Arbeitstage hinziehen. Die Neuordnung des deutschen Luftverkehrs und damit die Normalisierung der Ticketpreise könnten sich so verzögern.

12 Prozent weniger Passagiere

Wie stark sich die Insolvenz der Air Berlin auf den deutschen Flugverkehr auswirkt, zeigen die jüngsten Zahlen des Berliner Flughafens Tegel. Dort sind im Oktober deutlich weniger Passagiere abgeflogen und gelandet als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Die Fluggastzahlen seien gegenüber Oktober 2016 um knapp zwölf Prozent zurückgegangen, teilte am Sonntag der Flughafenbetreiber mit.

In Schönefeld, dem zweiten Berliner Flughafen, wuchs die Passagierzahl zwar um 3,3 Prozent – doch insgesamt verzeichnete der Betreiber ein Minus von rund sechs Prozent. Damit wirke sich die Air-Berlin-Krise sichtbar auf die Berliner Flughäfen aus, erklärte der Betreiber.

Und fast schon wie zum Hohn meldeten deutsche Medien am Sonntag von weiteren Mängeln an der Langzeitbaustelle Berliner Flughafen. Demnach warnt das für die Terminplanung zuständige Ingenieurbüro RKS, der angestrebte Fertigstellungstermin im August 2018 sei „ohne frühzeitige Gegensteuerung bei den eintretenden Störungen stark gefährdet“.

Mindestens zehn Risiken lägen direkt auf oder dicht am „kritischen Weg“, heißt es. Am 15. Dezember will Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup einen Termin für die Inbetriebnahme das Airports nennen. Es wäre der siebente Termin seit 2011. (red./ag)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2017)

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