Warum die Exporte Griechenlands Hoffnungsträger sind

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Symbolbild: Griechenland(c) Reuters
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Nach einer der schwersten Rezessionen der Neuzeit fangen griechische Fabriken wieder an zu brummen. Die gesamte Wirtschaft soll dann um jeweils 2,5 Prozent wachsen und damit deutlich schneller als etwa die deutsche.

Nikolaos Bakatselos kann sich vor Arbeit kaum retten. Der Chef vom Pyramis, einem der wenigen übrig gebliebenen Hersteller von Edelstahl-Spülbecken in Griechenland, kann die Nachfrage kaum decken. Nach einer der schwersten Rezessionen der Neuzeit fangen Pyramis und einige andere griechische Fabriken wieder an zu brummen. Sinkende Produktionskosten durch niedrigere Löhne und der Aufschwung in der Euro-Zone machen eines ihrer schwächsten Mitglieder wieder wettbewerbsfähig - zumindest international.

"Bei all unseren Schritten haben wir die Exporte im Kopf", sagt Bakatselos in seiner Fabrik in Thessaloniki, einst die industrielle Herzkammer im nördlichen Griechenland, die aber nach zahlreichen Werksschließungen vor sich hin dümpelt. "Wir schauen über den Tellerrand hinaus." Die lang erwartete Erholung in der Industrie lässt zusammen mit dem boomenden Tourismus auf die Trendwende der griechischen Konjunktur hoffen. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs in den Sommermonaten das dritte Quartal in Folge. Die Industrie - die etwa zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmacht - trug dazu bei. Sie wuchs im November den sechsten Monat hintereinander, wie das Institut Markit IHS bei seiner Unternehmensumfrage herausfand.

Bei Pyramis - zu dessen Kunden beispielsweise der schwedische Möbelriese Ikea gehört - haben sich die Exporte seit dem Zusammenbruch der griechischen Wirtschaft beinahe verdoppelt. Inzwischen bietet das Unternehmen auch Spülbecken aus Granit an und erwägt sogar, erstmals in Übersee eine Fabrik aufzubauen - und zwar in den USA. "Wir haben das ganze Fett abgeschnitten, das wir angesetzt hatten", sagt Bakatselos, dessen Vater das Unternehmen vor fast 60 Jahren gegründet hatte. Die Betriebs- und Kreditkosten wurden gesenkt, die Ausgaben für Ausrüstungen und Löhne ebenfalls.

Als der Heimatmarkt infolge der von 2008 bis 2016 währenden Dauer-Rezession zusammenbrach, wurden die Exporte zum Rettungsanker für Pyramis. Das Griechenland-Geschäft macht inzwischen nur noch 16 Prozent des Umsatzes aus, weniger als halb so viel wie vor der Krise. In den vergangenen Jahren wurden 15 neue Exportländer auf die Kundenliste genommen.

"Mit dem Überleben beschäftigt"

Pyramis steht mit seinen Ausfuhrerfolgen nicht alleine da: Im zurückliegenden dritten Quartal wuchsen die griechischen Exporte um fünf Prozent. Die EU-Kommission rechnet für 2017 insgesamt sogar mit einem Anstieg von fast sieben Prozent. In den kommenden beiden Jahren soll es um jeweils rund 4,5 Prozent nach oben gehen. Die gesamte Wirtschaft soll dann um jeweils 2,5 Prozent wachsen und damit deutlich schneller als etwa die deutsche.

Firmen wie Pyramis haben die Krise genutzt, ihre Marktposition auch zuhause zu stärken, sagt Ökonom Nikos Magginas von der National Bank. Etwa, indem sie vom Aus von Konkurrenten profitierten. Pyramis eröffnete eine zweite Fabrik in Kilkis, wo beispielsweise Granitbecken hergestellt werden. Dort wurden 90 Mitarbeiter eingestellt und eine Maschine von einem Konkurrenten gekauft, der sein Geschäft aufgeben musste. "Die Krise schafft Chancen", sagt Firmenchef Bakatselos. Er verhandelt derzeit in Michigan und Kentucky über die Eröffnung einer US-Fabrik. Zwei Millionen Euro aus eigenen Mitten sollen allein in den Kauf von Maschinen und Anlagen sowie in die Infrastruktur gesteckt werden.

Obwohl hier und da wieder kleine Oasen in Griechenland entstehen, ist ein dauerhafter Aufschwung aber längst noch nicht in trockenen Tüchern. Die Arbeitslosenquote ist mit 21 Prozent die höchste in der Euro-Zone. Vor allem junge Leute haben es schwer, einen Job zu finden. Viele Talente wandern deshalb aus. Und da ist noch die enorme Staatsverschuldung, die 180 Prozent des Bruttoinlandsproduktes entspricht. Die Regierung muss viel Geld für Rückzahlung und Zinsen aufbringen. Das Geld fehlt an anderer Stelle, etwa für Investitionen in Infrastruktur und Bildung.

Selbst der erfolgreiche Unternehmer Bakatselos bleibt deshalb vorsichtig. "Viele Griechen haben abgeschaltet, sie sind mit dem Überleben beschäftigt", sagt er. "Es ist selbst heute immer noch sehr schwer, einen Gang hochzuschalten und an Wachstum zu denken, denn wir fürchten uns davor, dass etwas schief gehen könnte." 

(Reuters)

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