Hartz IV-Empfänger finden meist nur schlecht bezahlte Jobs

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Die deutsche Arbeitsagentur hat untersucht, wie Hartz-IV-Empfänger in den Arbeitsmarkt integriert werden können.

Wien. Kaum ein anderes Thema sorgte in den vergangenen Wochen für so viele Diskussionen wie die Pläne der neuen türkis-blauen Regierung zur Reform des Arbeitsmarktes. Konkret wollen ÖVP und FPÖ die Notstandshilfe für Langzeitarbeitslose abschaffen. Dafür soll es ein „Arbeitslosengeld neu“ geben. ÖVP und FPÖ hoffen, dass Arbeitslose bei sinkender sozialer Abfederung leichter motiviert sind, einen Job anzunehmen.

Die Opposition läuft dagegen Sturm und befürchtet, dass Österreich ein ähnliches Modell wie die deutschen Hartz-IV-Reformen einführt. Das deutsche Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, die Forschungseinrichtung der Arbeitsagentur, hat am Dienstag eine Studie über Hartz IV veröffentlicht. Die Ergebnisse können auch Erkenntnisse für die Debatte in Österreich liefern. Denn herausgekommen ist, dass eine nachhaltige und dauerhafte Integration von Hartz-IV-Empfängern in den Arbeitsmarkt schwierig ist. Um die Studie zu verstehen, muss zunächst die Ausgangslage erklärt werden. In Deutschland erhalten Arbeitslose zu Beginn ein Arbeitslosengeld, das höher ist als in Österreich. Dieses Arbeitslosengeld wird in der Regel zwölf Monate ausbezahlt, bei Älteren sind auch 24 Monate möglich. Wer danach immer noch keinen Job gefunden hat, kann Hartz IV beziehungsweise das Arbeitslosengeld II beantragen. Hier gibt es unterschiedliche Sätze. Alleinstehende erhalten derzeit im Regelfall 423 Euro, hinzu kommt eine Unterstützung für eine angemessene Unterkunft und die Heizung. Zum Vergleich: Die Notstandshilfe in Österreich lag zuletzt bei durchschnittlich 747,1 Euro im Monat.

Der deutschen Studie zufolge haben von den 5,5 Millionen erwerbsfähigen Personen, die einmal im Jahr Hartz IV bezogen haben, 895.000 Menschen ein oder mehrere sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse aufgenommen.

Viele Geringqualifizierte

Allerdings war nur etwa die Hälfte der Beschäftigungsaufnahmen (52,5 Prozent) bedarfsdeckend. Daher waren viele Menschen weiterhin auf eine staatliche Unterstützung angewiesen. Auch waren die Beschäftigungen häufig nicht dauerhaft. Etwa 45 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse waren nach weniger als sechs Monaten beendet, immerhin 40 Prozent dauerten mindestens zwölf Monate. Der Anteil der Vollzeitbeschäftigungen unter den Arbeitsaufnahmen lag bei knapp 61 Prozent. Die Studienautoren haben auch die Entlohnung untersucht. Demnach erhielt die Hälfte aller Hartz IV-Bezieher, die eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen haben, einen Bruttomonatslohn von mindestens 1454 Euro. Schließt man Teilzeitbeschäftigungen mit ein, betrug der mittlere Bruttomonatslohn 1231 Euro.

Bei einer durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 39 Stunden verdienten Hartz IV-Empfänger, die eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen haben, im Mittel 8,58 Euro pro Arbeitsstunde.
Unterm Strich waren 80 Prozent aller Arbeitsaufnahmen in Vollzeit „niedrig entlohnte Tätigkeiten“, heißt es in der Studie. Bei Teilzeitbeschäftigungen gehen die Experten davon aus, dass der Anteil der Beschäftigung mit niedrigen Stundenlöhnen noch höher lag. Die Studienautoren schreiben, dass es einen starken Zusammenhang zwischen kurzen Beschäftigungsdauern und dem Qualifikationsniveau gibt: „Besonders schwer haben es Leistungsbezieher ohne abgeschlossene Berufsausbildung, dauerhaft in einer Beschäftigung zu verbleiben.“

Grundsätzlich biete der deutsche Arbeitsmarkt auch niedrigschwellige Beschäftigungsperspektiven für Personen, die längere Zeit arbeitslos waren oder über keinen Ausbildungsabschluss verfügen.

Da sich die Jobperspektiven für Geringqualifizierte nicht bessern werden, sei es wichtig, „diese Aufnahmefähigkeit im Niedriglohnbereich und im Bereich atypischer Beschäftigung nicht zu gefährden“, heißt es in der Studie. Dennoch schlagen die Experten vor, in die Qualifikation der Hartz-IV-Empfänger zu investieren. Damit können die betroffenen Menschen vielleicht anspruchsvollere Tätigkeiten, die stabiler sind und besser entlohnt werden, ausüben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2018)

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