Salzburger Wirt geht als Protest gegen „absurde“ Strafe in Haft

Ein Public Viewing bei der Euro 2016 brachte den Stein ins Rollen.
Ein Public Viewing bei der Euro 2016 brachte den Stein ins Rollen.(c) Gabriele Paar
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13.400 Euro für zu spät abgemeldete Mitarbeiter sind ihm zu viel.

Wien. Ein Salzburger Gastronom ist der neue Held in den sozialen Netzwerken. Werner Purkhart geht lieber für zwei Monate ins Gefängnis, als eine Verwaltungsstrafe zu zahlen, deren Höhe er als „absurd“ empfindet. Neos-Finanzsprecher Sepp Schellhorn steht ihm bei.

Die Vorgeschichte: Bei der Europameisterschaft 2016 sorgte der stadtbekannte Veranstalter für Getränke beim Public Viewing im Salzburger Volksgarten. Er wusste zum Start nicht: Kommt Österreich weiter? Bessert sich das Wetter? Wie entwickelt sich die öffentliche Liveübertragung über die vier Wochen? Deshalb stellte er alle seine Angestellten für einen Monat geringfügig an und meldete sie erst nach Ende des Turniers ab.

Eine Kontrolle und spätere Ermittlungen der Finanzpolizei führten zu einem Straferkenntnis, das bei Purkhart vier Monate später ins Haus flatterte: Drei Angestellte seien zu spät an-, zwölf zu spät abgemeldet worden. Dabei habe der Beschuldigte zumindest fahrlässig gehandelt. Macht in Summe eine saftige Strafe der Gebietskrankenkasse von 13.400 Euro.

Erst vereinbarte der Unternehmer Raten: 20 Monate à 640 Euro. Aber nach insgesamt 2600 Euro stoppte er die Zahlungen – und wählte eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Tagen. Seit Donnerstag ist er im Polizeihaltezentrum Alpenstraße in Haft. Dort hat ihn sogleich Neos-Finanzsprecher Sepp Schellhorn besucht, der in seiner Causa nun vermitteln will. „Purkhart gibt ja selber zu, dass er einen Fehler gemacht hat“, betont Schellhorn im Gespräch mit der „Presse“. Er sei „von seinem Steuerberater falsch beraten“ worden. Nach einer Gesetzesnovelle von 2015 hätte der Wirt auch geringfügig Beschäftigte punktgenau an- und abmelden müssen. Das wurde „übersehen“.

Zum Abstottern Auto verkauft

Mittlerweile hat sich der 44-Jährige aus der Veranstaltungsszene zurückgezogen und ist sehr knapp bei Kasse. „Um die Raten so weit wie möglich abzustottern, hat er sogar sein Auto verkauft“, berichtet Schellhorn. Jetzt könne er selber nichts mehr zahlen, bei Familie und Freunden wolle er wegen einer solchen „absurden“ Strafe nicht betteln. Auf seiner Facebook-Seite beklagt sich Purkhart über die „saftige Abgeltung“ für einen Formalfehler: „Dieses Strafsystem ist eine existenzbedrohende Schmähung der Selbstständigen in Österreich.“ Auch sein politischer Beistand Schellhorn hält die Strafe, die im Übrigen dem gesetzlichen Rahmen entspricht, für „unverhältnismäßig“: „Hier hat das Gesetz besonders hart zugeschlagen.“

Er sieht den Fall als typisch dafür, wie der österreichische Staat Klein- und Mittelbetriebe schikaniert: „Per se ist bei uns ja jeder Unternehmer ein Verbrecher.“ Bei den „Großen“ gehe freilich „vieles leichter“: „Wenn ein Fußballklub keine Beiträge zahlt, werden sie ihm einfach erlassen.“

Nur zehn Minuten konnte Schellhorn mit dem Gefängnisinsassen im Besuchsraum sprechen. Jetzt gelte es, „die Faktenlage zu klären und sich rechtlich beraten zu lassen“. Dann will der Abgeordnete und Anführer der Salzburger Neos mit der Gebietskrankenkasse in Verbindung treten: „Man muss sich beide Seiten anhören.“

Der Inhaftierte ist vor allem dem Salzburger Party-Jungvolk gut bekannt. Er richtete den „Movida Beach“ als sommerlichen Treffpunkt ein, organisierte DJ-Veranstaltungsreihen und führte zuletzt den Club Felsenkeller.

Auf Facebook verabschiedete sich der Vater eines dreijährigen Kindes von seinen Fans und seiner Familie fast wie ein Popstar in die Einzelhaft: „So long. Sorry Mum. See you in April.“ (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2018)

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