Portugals Comeback

Nicht nur die Haushaltsprobleme hat das frühere Sorgenkind Europas hinter sich gelassen. Auch die Wirtschaft boomt.
Nicht nur die Haushaltsprobleme hat das frühere Sorgenkind Europas hinter sich gelassen. Auch die Wirtschaft boomt. (c) REUTERS (RAFAEL MARCHANTE)
  • Drucken

Das Land, das 2011 mit milliardenschweren Notkrediten gerettet werden musste, wurde zum europäischen Musterstaat.

Lissabon. Portugals Regierungschef António Costa überraschte alle. Entgegen aller Voraussagen schaffte es der 56-jährige Sozialist innerhalb von zwei Jahren, das südeuropäische Euroland aus dem stürmischen Krisenwellental zu steuern. Und aus seinem früheren Schuldenreich, das 2011 in die Pleite rutschte und mit einem milliardenschweren Notkredit gerettet werden musste, wieder einen europäischen Musterstaat zu machen.

„Wir haben das niedrigste Defizit unserer Demokratie erreicht“, freute sich Costa dieser Tage. 2017 habe die Neuverschuldung des Haushaltes nur noch 1,2 Prozent betragen. 2018 soll der Fehlbetrag bei maximal einem Prozent liegen. Das ist weit unter der im Euro-Stabilitätspakt festgelegten Grenze von drei Prozent. Dahinter steckt ein riesiger Sparkraftakt – vor acht Jahren wies der Etat noch ein Minus von über elf Prozent auf.

Nicht nur die Haushaltsprobleme hat das frühere Sorgenkind Europas hinter sich gelassen. Auch die Wirtschaft boomt. Und zwar sehr viel mehr, als EU und der Internationale Währungsfonds es vorausgesagt hatten. Mit einem üppigen Wachstum von 2,7 Prozent in 2017 lag Portugal über dem EU-Schnitt, der nach vorläufigen Zahlen auf 2,2 Prozent geschätzt wird. Sogar Europas Schwergewicht Deutschland, das in 2017 nur durchschnittlich wuchs, kommt da nicht mit.

Auch alle anderen Wirtschaftszahlen in Portugal weisen nach oben. Und sie signalisieren, dass das iberische Land wieder aus der Asche auferstanden ist. Kräne, die sich allerorten in der Hauptstadt Lissabon über Neubauprojekten und Altbausanierungen drehen, symbolisieren sichtbar den bemerkenswerten Aufschwung.

„Portugal ist wieder Mode“, titelte das Blatt „Publico“, die einflussreichste Tageszeitung der Nation. Ausländische Touristen stürmen wie noch nie das Land; Lissabon und die Algarve-Küste stehen bei ihnen besonders hoch im Kurs. Zwölf Prozent mehr internationale Urlauber kamen im Jahr 2017, insgesamt 13 Millionen Touristen – das ist ein historischer Rekord.

Plötzlich ist Portugal mit seinen 10,4 Millionen Einwohnern nicht mehr der kleine iberische Bruder des großen Nachbarlandes Spanien. „Was können wir von Portugal lernen?“, fragen sich spanische Analysten. Die Arbeitslosenzahl Portugal sank inzwischen auf unter acht Prozent. In Spanien stehen derweil immer noch 16 Prozent der aktiven Bevölkerung auf der Straße.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.