Schweiz: Wie die SVP Arbeitgeber und Gewerkschaften vereint

SWITZERLAND TRADITION
SWITZERLAND TRADITIONAPA/EPA/VALENTIN FLAURAUD
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Mit ihrer „Volksinitiative zur Beschränkung der freien Zuwanderung“ macht sich die Schweizerische Volkspartei sowohl auf Arbeitgeber- als auch auf Arbeitnehmerseite keine Freunde. Es steht nicht nur die Personenfreizügigkeit mit der EU auf dem Spiel.

"Der SVP ist in kurzer Zeit gelungen, was viele in den letzten Jahren nicht geschafft hatten: Sie hat die Sozialpartner in der Maschinenindustrie vereinigt", schreibt die "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ). Grund für die ungewöhnliche Allianz ist eine "Volksinitiative zur Beschränkung der freien Zuwanderung", mit der die rechtspopulistische SVP (Schweizerische Volkspartei) gegen Arbeitsmigranten aus dem EU-Ausland ankämpfen will, oft kommen sie aus den Nachbarländern Deutschland und Österreich. Der SVP geht es um die Beendigung der Personenfreizügigkeit, die die Schweiz mit der EU vereinbart hat.

Dagegen schlagen nun Gewerkschaft und Arbeitgeber gemeinsam Alarm: "Eine Annahme der Kündigungs-Initiative würde dem Werkplatz Schweiz einen großen Schaden zufügen", heißt es in einer Stellungnahme der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, die sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmervertreter unterzeichnet haben.

Diese bangen um ihre Fachkräfte, denn ohne Personenfreizügigkeit könnte sich in diesem Bereich der Fachkräftemängel dramatisch verschärfen. Außerdem befürchtet man, dass Firmen dem Standort Schweiz in Folge den Rücken kehren. Zwar wäre es auch – wie in der Vergangenheit – möglich, über ein Kontingentssystem viele Arbeitskräfte aus den Nachbarländern ins Land zu holen, Arbeitgeberchef Hans Hess befürchtet aber, das dieses vor allem großen Konzernen nützt und kleine und mittlerer Betriebe auf der Strecke bleiben.

"Guillotine-Klausel" im Vertrag

Ein weiteres Problem: Rund 80 Prozent der in der Schweiz produzierten Güter aus der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie werden ins Ausland exportiert, ein Großteil davon wiederum in die EU. Durch die SVP-Initiative sehen die Branchenvertreter auch den Zugang zu diesem Markt gefährdet. Schließlich würden durch die Beendigung der Personenfreizügigkeit auch sechs weitere Abkommen mit der EU hinfällig werden. Da die Personenfreizügigkeit zu den Grundpfeilern des EU-Binnenmarktes gehört, hat die EU nämlich vorsorglich eine "Guillotine-Klausel" eingebaut, mit der ein Großteil der bilateralen Verträge hinfällig würde.

Auch andere Branchen schlagen Alarm: „Wir sind auf offene Grenzen angewiesen“, sagte etwa der aus Österreich stammende Roche-Chef Severin Schwan bei einem Pressetermin. Die Pharmaindustrie sei auf „die besten Köpfe aus dem Ausland“ angewiesen. Die Intitiative wäre „Gift für den Standort“. Schwan droht sogar mit der Abwanderung: „Sollte die Begrenzungsinitiative angenommen werden, dann könnten wir unsere Aktivitäten nicht mehr fortsetzen.“

>>> Artikel auf "NZZ.ch"

>>> Bericht auf „derbund.ch“

Volksinitiative in der Schweiz

Bei einer Volksinitiative geht es um die Änderung der Verfassung. Kommen 100.000 Unterschriften zustande, werden die Schweizer zur Urne gebeten. Die Annahme benötigt nicht nur die Zustimmung der Mehrheit der Bevölkerung, sondern auch die Mehrheit der Kantone. 

Seit 1966 wurde in der Schweiz, in der direkte Demokratie großgeschrieben wird, bereits mehr als 100 mal über Volksinitiativen abgestimmt, nur 15 wurden angenommen. Oft erreicht aber auch nur die Androhung einer Initiative eine Gesetzesänderung.

(sk)

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