Russische Tycoons ziehen Geld aus Europa ab

Der russische Geldadel transferiert massenweise sein im Westen gehortetes Geld nach Russland.
Der russische Geldadel transferiert massenweise sein im Westen gehortetes Geld nach Russland.(c) REUTERS (Ilya Naymushin)
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Donald Trump treibt nicht nur im Ausland geparktes US-Geld in die USA zurück, sondern auch das russische nach Russland. Aus der Schweiz, aber auch aus Österreich wurde im Jänner massenweise Geld abgezogen.

Wien. Das Resümee des ersten Amtsjahres von US-Präsident Donald Trump mag durchwachsen ausfallen. Eines aber ist unbestritten: Der neue Mann im Weißen Haus treibt das im Ausland gelagerte Kapital nach Hause. Nicht nur das US-amerikanische in die USA, indem er es mit dem neuen Steuergesetz lockt. Nein, auch das russische nach Russland, indem er mit der Androhung neuer Sanktionen Angst verbreitet.

Wie allmählich bekannt wird, hat der russische Geldadel massenweise sein im Westen gehortetes Geld nach Russland transferiert. Allein im Jänner habe ihre Abteilung eine Verdreifachung derartiger Transaktion gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres festgestellt, sagte Jewgenija Tjurikowa, Chefin für Private Banking in Russlands größter und staatlicher Bank, Sberbank. Als Herkunftsländer nannte sie vor allem die Schweiz, aber auch Österreich und Großbritannien. Es habe sich um Hunderte Millionen gehandelt. Die durchschnittliche Überweisungssumme sei binnen eines Jahres von 2,3 Millionen Dollar auf 3,8 Millionen Dollar (drei Mio. Euro) gestiegen. Alfa-Capital, das Investitionshaus von Russlands größter Privatbank, Alfa-Bank, bestätigt die Tendenz. Laut Alfa-Investmentchefin Irina Kriwoschejewa hat sich das Überweisungsvolumen im Jänner auf über elf Mrd. Rubel (156 Mio. Euro) vervierfacht.

Am 2. August hatte Trump auf Druck des Kongresses das neue Sanktionsgesetz unterzeichnet. Ende Jänner legte das US-Finanzministerium eine Liste von 114 Politikern und 96 Unternehmern vor, die künftig mit Sanktionen belegt werden könnten. Die Namen der Politiker könnten aus dem Telefonbuch des Kreml abgeschrieben sein, die Unternehmer sind jene reichsten Russen, die laut dem Wirtschaftsmagazin „Forbes“ über ein Vermögen von mehr als einer Milliarde Dollar verfügen. Aber: So wenig treffsicher die Auflistung auch ist, hinterlässt sie dennoch Spuren. „Natürlich sind zusätzliche Schwierigkeiten aufgetaucht“, sagte Lukoil-Chef Vagit Alekperov, mit geschätzt 14,5 Mrd. Dollar Vermögen sechstreichster Russe. „Die Banken verhalten sich viel penibler bei meinen Transaktionen, verlangen zusätzliche Informationen.“

Neues Amnestiegesetz

Man müsse als Russe gar nicht auf der Sanktionsliste stehen, relativiert Alfabank-Managerin Kriwoschejewa: Auch so fragten etwa große Schweizer Bankhäuser ihre russischen Kunden nun über alles Mögliche in den vergangenen 20 Jahren aus. Aus der Befürchtung heraus, dass ein Teil des Geldes plötzlich nicht mehr freigegeben werden könnte, überführten manche Kunden zumindest einen Teil nach Russland.

Das trifft sich mit dem Wunsch des Kremls, russisches Vermögen zu repatriieren. Präsident Wladimir Putin hat ein Gesetz zur Kapital-Amnestie veranlasst, das ab Anfang März für ein Jahr gilt. Den Russen wird angeboten, die von ihnen kontrollierten Unternehmen im Ausland zu schließen und das Geld zurückzubringen, ohne es nachträglich versteuern zu müssen. Selbst Geschäftsleute, die vor der russischen Justiz ins Ausland geflüchtet sind, will man unter gewissen Bedingungen zurückholen. Putins Wirtschaftsombudsmann, Boris Titow, war kürzlich in London, um mit den dort exilierten Tycoons über eine Rückkehr zu verhandeln.

Das Problem dabei: Vor allem bei Großunternehmern sitzt die Angst tief, dass das heute amnestierte Kapital morgen schon wieder in Gefahr sein könnte. Die jüngsten Geldflüsse nach Russland zeugten nicht so sehr von einem Vertrauenszuwachs in die russische Wirtschaft, kommentiert die Wirtschaftszeitung „Wedomosti“: „Sie zeugen vielmehr vom Misstrauen gegenüber russischem Geld im Westen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2018)

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