Droht Handelskrieg? EU will US-Strafzöllen "nicht tatenlos zusehen"

Die gute Stimmung zwischen Juncker und Trump, wie hier am G-20-Gipfel in Hamburg, scheint vorbei.
Die gute Stimmung zwischen Juncker und Trump, wie hier am G-20-Gipfel in Hamburg, scheint vorbei. (c) REUTERS (POOL New)
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US-Präsident Trump hat Strafzölle auf Importe von Stahl und Aluminium angekündigt. Die EU kündigt eine "entschlossene" Reaktion an, der weltgrößte Autohersteller Toyota warnt vor höheren Autopreisen in den USA. Die US-Börse gingen auf Talfahrt.

Die EU will mit Vergeltungsmaßnahmen gegen die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte reagieren. "Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie unsere Industrie durch unfaire Maßnahmen getroffen wird, die Tausende europäische Arbeitsplätze gefährden", kündigte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel an.

Bei einem Treffen mit US-Branchenvertretern sagte Trump, er wolle die Strafzölle kommende Woche verhängen. Sie sollten für eine lange Zeit gelten. Er nannte es "schändlich", dass die heimische Branche über Jahrzehnte hinweg durch die ausländische Konkurrenz beschädigt worden sei. Durch die Schutzzölle könnten die US-Unternehmen deutlich wachsen und neue Jobs schaffen. Juncker erklärte daraufhin, die Europäische Union werde entsprechend reagieren, "um ihre Interessen zu verteidigen". Ein Vorschlag für Gegenmaßnahmen soll demnächst vorgelegt werden; sie sollten im Einklang mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) stehen.

"Wir bedauern diesen Schritt, der offensichtlich einen Eingriff in den Markt darstellt, um die amerikanische Industrie zu schützen", sagte Juncker weiter. "Protektionismus kann jedoch in der gegenwärtigen Lage im Stahlsektor keine Lösung sein. Anstatt eine Lösung voranzutreiben, wird dieser Schritt die Angelegenheit nur weiter verschärfen."

EU-Stahlexporte werden sich halbieren

Die angekündigten US-Strafzölle auf Stahl dürften die EU-Stahlexporte nach Amerika "von einem auf den anderen Tag" drastisch einschränken. Der europäische Stahlverband Eurofer geht von einem Minus von 50 Prozent oder mehr aus - bei einem aktuellen Volumen von rund fünf Millionen Tonnen aus der EU, wie es in einer ersten Reaktion heißt. "Präsident Trump hat unter den Vorschlägen des Handelsministeriums die am meisten zerstörende Variante ausgewählt", kritisiert Eurofer am Donnerstagabend.

Laut Trump sollen sämtliche Stahlimporte der USA mit einem Zoll von 25 Prozent belegt werden. Laut Eurofer betrifft das eine Gesamtmenge von 35 Millionen Tonnen im Gesamtwert von 30 Mrd. Dollar (2017, umgerechnet rund 25 Mrd. Euro). "Wir erwarten, dass die Zölle die US-Einfuhren um etwa 20 bis 25 Millionen Tonnen beschneiden", sagte Eurofer-Generaldirektor Axel Eggert.

Welthandelssystem in Gefahr?

Trump bedrohe das gesamte Welthandelssystem, schätzt das DIHK . "Letztlich könnte das zweifelhafte Berufen auf eine Klausel für die nationale Sicherheit in der WTO das gesamte Welthandelssystem erschüttern", kritisierte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages Martin Wansleben am Freitag die US-Pläne. "Die Gefahr ist groß, dass andere folgen und das WTO-System zum Nachteil aller weiter aushöhlt", warnte er. Die hoch-internationalisierte deutsche Wirtschaft sei wie kaum eine andere in der Welt auf offene Märkte und ein funktionierendes Welthandelssystem angewiesen.

Eine scharfe Reaktion kam auch aus Kanada: Handelsminister Francois-Philippe Champagne nannte mögliche US-Strafzölle für Stahl oder Aluminium aus Kanada "inakzeptabel". Der weltgrößte Autohersteller Toyota warnte indes vor höheren Autopreisen in den USA durch die Strafzölle. Autohersteller, Zulieferer und Konsumenten würden durch die Entscheidung benachteiligt, teilte das japanische Unternehmen am Freitag mit. Toyota selbst bezieht 90 Prozent des Stahls und Aluminium für seine in den USA produzierten Fahrzeuge aus dem Land.

Leitindex Dow fielt um 2,3 Prozent

Aus den USA folgten daraufhin beschwichtigende Worte: Trump habe mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel gesprochen, verlautete aus dem Weißen Haus. Außerdem seien "aufrichtige und konstruktive" Gespräche mit dem Wirtschaftsberater des chinesischen Präsidenten Xi Jinping, Liu He, geführt worden. Die US-Seite, angeführt von Finanzminister Steven Mnuchin, habe dabei die Bedeutung von "fairen und wechselseitigen Handelsbeziehungen" unterstrichen.

Die Worte verhallten zunächst scheinbar ungehört: An der US-Börse fiel der Leitindex Dow nach Trumps Ankündigung um 2,3 Prozent - aus Sorge vor einer höheren Inflation wegen Strafzöllen und möglichen Vergeltungsmaßnahmen von Handelspartnern. Er schloss bei 24.610 Punkten mit 1,7 Prozent im Minus. Zu den Verlierern gehörten exportorientierte Unternehmen wie Boeing und General Motors sowie Technologiekonzerne wie Apple und Cisco Systems. Zu den Gewinnern gehörten die Firmen Century Aluminium und US Steel.

(APA/AFP/Reuters/Red.)

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