Männer sind mit schuld an Lohnkluft

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Wer die Lohnlücke schließen will, muss Väter zur Kinderbetreuung motivieren, findet die Agenda Austria.

Wien. Da ist er wieder: der Gender Pay Gap. Morgen ist Frauentag – der Tag im Jahr, an dem die Statistiken zum Lohnunterschied strapaziert werden wie zu keinem anderen Anlass. Darauf, dass Männer mehr verdienen als Frauen, können sich sogar Wirtschaftsliberale und Gewerkschafter einigen. Wie groß die Lücke ist und woraus sie entsteht, ist aber umstritten. Die EU-Statistiker gehen von 20 Prozent Lohnunterschied aus. Die heimische Denkfabrik Agenda Austria kommt auf 3,5 bis elf Prozent, weil sie Branchen, Firmengröße, Ausbildungsniveaus, Position und Berufserfahrung berücksichtigt.

Das mache den Pay Gap aber nicht besser, schreibt die Agenda Austria – und bringt die Väter ins Spiel: Um die Lohnlücke zu schließen, müssten auch Männer in Karenz gehen und sich mehr Zeit für ihre Kinder nehmen. Derzeit ist das vor allem Frauensache: 19,4 Prozent der Väter in Österreich gehen für mindestens zwei Monate in Karenz – die meisten aber auch nicht länger. An den kurzen Karenzvarianten beteiligen sich 30 Prozent der Väter, an den pauschalen Varianten, die meist länger sind, nur 16 Prozent (siehe Grafik).

Frauen bleiben kürzer zu Hause

Es gibt in Österreich einen Trend zu kürzeren Karenzen, wie ein „Presse“-Bericht unlängst gezeigt hat. Die längste Variante ist aber noch immer die beliebteste: Dabei bekommt ein Elternteil bis zu zweieinhalb Jahre Kinderbetreuungsgeld. Sechs Monate kommen dazu, wenn auch der andere – meist der Vater – in Karenz geht. Gerade bei dem Modell ist die Beteiligung der Männer mit 13 Prozent besonders niedrig. Dabei hätten die Familien bis zu sechs zusätzliche Monate zur Verfügung gehabt, sagt Monika Köppl-Turyna, Ökonomin der Agenda Austria. Und stellt eine geradezu radikale Forderung auf: Die maximale Karenzzeit sollte auf ein Jahr verkürzt werden, je sechs Monate für Vater und Mutter. Nimmt einer keine Auszeit, verfällt sein Anteil. So lange sich an den langen Karenzzeiten der Frauen nichts ändere, werde sich auch am Gender Pay Gap nichts ändern.

Die Lohnlücke sei nämlich eher ein „Motherhood Pay Gap“: Zehn Jahre nach der Geburt des ersten Kindes verdienen Frauen noch immer ein Fünftel weniger als Männer mit Kindern, so eine dänische Studie. Der Lohnunterschied, der sich nach der Familiengründung auftut, lässt sich kaum mehr aufholen. Arbeitende Mütter verdienen um sechs Prozent weniger als ihre kinderlosen Kolleginnen.

Eine Lücke gibt es auch bei der Zeit, die Eltern mit Kinderbetreuung und Haushalt verbringen, wie aktuelle Zahlen der Industrieländerorganisation OECD zeigen: In Österreich übernehmen Frauen mit viereinhalb Stunden doppelt so viel Hausarbeit und Kinderbetreuung wie Männer. Spitzenreiter ist bei der partnerschaftlichen Aufteilung häuslicher Pflichten Dänemark, Schlusslicht die Türkei.

Männer verhandeln eher

Der Gewerkschaft zufolge entsteht der erste Gehaltsknick schon beim Berufseinstieg: Frauen nehmen schneller das Gehalt zur Kenntnis, das ihnen angeboten wird, während Männer eher verhandeln, wie aus einer Ifes-Umfrage im Auftrag der GPA-djp hervorgeht. Der designierte Boss des Gewerkschaftsbundes, Wolfgang Katzian, will deshalb Firmen zur Lohntransparenz verpflichten: Sie sollen Jobanwärterinnen die Durchschnittsgehälter für den Bereich vorlegen, für den sie sich bewerben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.03.2018)

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