Strafzölle: Deutschland droht massiver Schaden

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Den Erlass für die Einführung der Zölle auf Stahl und Aluminium könnte Trump noch heute unterzeichnen. In Deutschland wären Zehntausende Arbeitsplätze in der Stahl- und Autoindustrie betroffen, warnen Wirtschaftsforscher.

Angesichts der von US-Präsident Donald Trump angekündigten Strafzölle hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vor einem massiven Schaden für Deutschland gewarnt. "Ich gehe davon aus, dass Trump seine Drohung wahrmacht", sagte DIW-Chef Marcel Fratzscher der "Saarbrücker Zeitung".

An der deutschen Stahl- und Aluminiumproduktion hingen zehntausende Arbeitsplätze, sagte der DIW-Chef der Zeitung weiter. "Einige davon würden in Gefahr geraten", fügte er hinzu. "Und sollten die Strafzölle auch noch auf Autos ausgeweitet werden, wie es Trump angedeutet hat, dürfte der Schaden noch deutlich größer sein."

An dieser Branche hingen "weit mehr als eine Million Jobs in Deutschland", sagte Fratzscher. "Eine solche Eskalation könnte Deutschland schwerlich verkraften."

Grundsätzlich habe die deutsche Wirtschaft besonders viel zu verlieren, weil sie stark exportorientiert sei. "Die Ausfuhren machen etwa die Hälfte unserer Wertschöpfung aus", sagte Fratzscher. "In den USA dagegen sind es nur etwa zehn bis 15 Prozent."

Trump hatte am Donnerstag vergangener Woche Strafzölle von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium angekündigt. Auf diese Weise will er die heimische Branche vor nach seiner Ansicht unfairer Konkurrenz schützen. Die EU drohte mit Gegenzöllen, auch China kündigte eine "angemessene Reaktion" an. Trump hat Deutschland wegen seiner Handels- und Verteidigungspolitik hart kritisiert. er sagte am Donnerstag in Washington zu den von ihm geplanten Strafzöllen auf Aluminium und Stahl, die Vereinigten Staaten seien von einigen Ländern im Handel "über die Jahre enorm ausgenutzt" worden.

Schonfrist für Kanada und Mexiko

Ihren Nachbarn Mexiko und Kanada wollen die USA vorerst eine Schonfrist einräumen. Beide Länder sollen zunächst von den Zöllen ausgenommen werden und hätten dann eine bestimmte Zeit, um über Zugeständnisse beim Freihandelsabkommen NAFTA die Ausnahmen zu verlängern, sagte Trump-Wirtschaftsberater Peter Navarro am Mittwoch.

Wie Präsidialamtssprecherin Sarah Sanders am Mittwoch in Washington sagte, seien weitere Ausnahmen aber im Einzelfall von Land zu Land zu klären. Den Erlass für die Einführung der Zölle könnte Trump Regierungskreisen zufolge noch heute (Donnerstag) unterzeichnen. Wegen der Klärung rechtlicher Fragen könne sich dies aber auch noch bis Freitag verzögern. Der Widerstand in den USA gegen die international scharf kritisierten Zoll-Pläne wuchs weiter: Mehr als 100 republikanische Abgeordnete des Repräsentantenhauses appellierten in einem Brief an Trump, Ausnahmen zuzulassen.

"Wir erwarten, dass der Präsident bis zum Ende der Woche etwas unterzeichnen wird und es möglicherweise Ausnahmen für Kanada und Mexiko und eventuell für andere Länder auf Basis der nationalen Sicherheit gibt", sagte Trump-Sprecherin Sandres. Der Direktor des Nationalen Handelsausschusses im Weißen Haus, Peter Navarro, hatte bereits am Wochenende Ausnahmen bei den Zöllen ins Spiel gebracht. Dank der Aussicht auf Ausnahmen grenzten die US-Börsen ihre Verluste zum Handelsende ein.

Zölle sollen bald in Kraft treten

In Kraft treten sollen die Zölle den Regierungskreisen zufolge rund zwei Wochen nach Unterzeichnung des Erlasses. Trump hatte vorige Woche angekündigt, Stahl und Aluminium bei der Einfuhr in die USA mit Schutzzöllen zu belegen. Der Präsident hat wiederholt gegen Billig-Importe gewettert, vor allem aus China, die nach seiner Darstellung die heimische Industrie schädigten und Arbeitsplätze vernichteten.

Der Widerstand gegen die Zoll-Pläne im Kongress und in der US-Wirtschaft wuchs auch in Trumps eigener Partei. In ihrem Schreiben baten mehr als 100 republikanischen Abgeordneten Trump auf ein pauschales Verhängen der Abgaben zu verzichten und nur gezielt gegen Billig-Importe vorzugehen. Der Chef der US-Handelskammer warnte vor negativen Folgen für das Wachstum und den Arbeitsmarkt. "Wir werden die Wirtschaft nicht auf ein Wachstum von über drei Prozent schieben und die Schaffung von Jobs vorantreiben, wenn wir diesen Weg gehen", erklärte Verbandschef Tom Donohue. "Wir fordern die Regierung auf dieses Risiko ernst zu nehmen."

Eine Kongressdelegation aus Iowa warnte in einem Brief an Trump vor Schaden für die Landwirte und die Industrie in ihrem Bundesstaat. Der Chef der US-Großbank Morgan Stanley, James Gorman, in die Schar der Kritiker von Trumps Zoll-Plänen ein. "Das größte Problem, das dieses Land hat, ist nicht das Handelsdefizit, sondern das Haushaltsdefizit", sagte er dem TV-Sender CNBC. Die Zollpläne nannte Gorman "eine schlechte Idee". Am Dienstag hatte Trumps Chef-Wirtschaftsberater Gary Cohn seinen Rücktritt erklärt. Regierungskreisen zufolge nahm der als Verfechter des Freihandels geltende Cohn auch wegen der Zölle seinen Hut.

EU wappnet sich für Handelskrieg

Die EU wappnet sich bereits für einen Handelskrieg und bereitet Gegenmaßnahmen vor. Dazu gehören Zölle auf US-Produkte wie Blue Jeans und Erdnussbutter. "Ein Handelskrieg hat keine Gewinner", warnte EU-Kommissarin Cecilia Malmström am Mittwoch.

Die EU geht nach Aussagen ihres Handelsexperten Bernd Lange absichtlich vorsichtig vor. "Das ist ganz bewusst gewählt, um hier keine Eskalation herbeizuführen", sagte Lange am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. Die USA nehme mit den angedrohten Zöllen Waren im Wert von 6 Mrd. Euro ins Visier. Die angekündigten Gegenmaßnahmen aus Brüssel hätten aber nur ein Volumen von 2,8 Mrd. Euro - obwohl die Welthandelsregeln eine Vergeltung in gleicher Höhe erlaubten. "Wir bleiben deutlich unter dem maximal Möglichen." Langes Worte haben Gewicht, da er Vorsitzender des Handelsausschusses im Europaparlament ist.

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kritisierte die geplanten Zölle am Mittwoch mit scharfen Worten und drohte mit einer harten Reaktion der EU. "Besser wär es, wir ersparen uns das alles. Wenn es notwendig ist, wird es eine Reaktion geben, die hoffentlich dann dazu führt, dass es ein Umdenken der USA gibt und man diese Schwachsinnigkeiten auch wieder sein lassen kann."

(APA)

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