Todesstoß für Prestigeprojekt von Faymann?

Die WBIB-Bank sollte als große Gelddrehscheibe für den Bau von 30.000 zusätzlichen Wohnungen dienen.
Die WBIB-Bank sollte als große Gelddrehscheibe für den Bau von 30.000 zusätzlichen Wohnungen dienen.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Wohnbaubank war ein großes Anliegen der SPÖ-ÖVP-Koalition. Damit sollten 30.000 günstige Wohnungen errichtet werden. Doch die neue Regierung streicht nun die Bundeshaftung. Ob jetzt die Länder einsteigen, ist unklar.

Wien. Die Wohnbauinvestitionsbank (WBIB) war eines der ganz großen Prestigeprojekte von Ex-Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und von Reinhold Mitterlehner (früher ÖVP-Chef). Vor drei Jahren, im März 2015, traf sich die damalige SPÖ-ÖVP-Regierung zu einer Klausur in Krems, um ein ehrgeiziges Wohnbauprogramm zu verabschieden.

Ziel war es, in ganz Österreich günstige Wohnungen zu bauen. Vorgesehen war ein Gesamtvolumen von 5,75 Milliarden Euro. Davon sollten fünf Milliarden Euro für die Schaffung von günstigem Wohnraum und 750 Millionen Euro für die dazugehörige Infrastruktur aufgewendet werden.

Für das Programm wurde eine neue Wohnbauninvestitionsbank (WBIB) gegründet. Das Institut sollte mithilfe staatlicher Haftungen günstige Kredite bei der Europäischen Investitionsbank aufnehmen und so die Errichtung von 30.000Wohnungen binnen fünf bis sieben Jahren finanzieren. Faymann und Mitterlehner sagten zu, dass der Bund für die WBIB eine Haftung von 500Millionen Euro übernehme. Doch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ) fühlen sich an diese Zusage nicht mehr gebunden.

Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) erklärte am Montag, dass sich der Bund aus der WBIB zurückziehen und die Bundeshaftung von 500 Millionen Euro gestrichen werde. „Budgetär werden dadurch insgesamt die Kosten und Haftungen reduziert“, sagt Löger in einer Stellungnahme, die der „Presse“ vorliegt. Als Alternative sollen die Bundesländer einspringen. Damit können die positiven Effekte der WBIB erhalten bleiben. „Die Länder können das Instrument zielgerichtet innerhalb einer bestehenden und bewährten Struktur einsetzen“, so der Finanzminister.

Stadt Wien wartet noch ab

Doch die entscheidende Frage ist, ob sich die Bundesländer überhaupt an der WBIB beteiligen wollen. Viele Bundesländer standen dem Projekt von Anfang an reserviert gegenüber. So bezeichnete einst Wolfgang Sobotka (ÖVP), der vor drei Jahren noch Wohnbaulandesrat in Niederösterreich war, das Ganze als „vertrottelt“.

„Die Presse“ hat am Montag versucht, von mehreren Bundesländern Stellungnahmen zu erhalten. Aus dem Wiener Rathaus hieß es dazu, an die Stadt Wien sei noch niemand herangetreten. WBIB-Geschäftsführer Wolfgang Kleemann ist skeptisch, ob die Länder mitmachen. Er hält das Projekt in der neuen Konstellation für schwer umsetzbar.

Karl Wurm, Obmann des Dachverbands der gemeinnützigen Bauvereinigungen, schlägt ein Übergangsmodell vor. Der Bund soll zwei Jahre die Haftung übernehmen, bis dahin soll es eine Lösung mit den Ländern geben, so Wurm zur „Presse“. Wurm bezweifelt aber, dass alle Bundesländer anteilig eine Haftung übernehmen wollen. Manche können dies gar nicht, da sie ihren Spielraum im Rahmen des Stabilitätspaktes schon ausgeschöpft haben. Wurm hält die jetzige Absage des Finanzministers für eine „falsche Entscheidung“. Mit Kopfschütteln reagiert Neos-Bautensprecher Gerald Loacker auf die Entwicklung: „Ohne die Haftungsübernahme durch den Bund ergibt die WBIB nicht einmal theoretisch einen Sinn.“ Die Neos waren von Anfang an gegen die Bank, weil diese nur Geld koste, aber nichts zur Schaffung von mehr leistbarem Wohnraum beitrage. „Anstatt die WBIB künstlich am Leben zu halten, gilt es, das Potenzial der Bausparkassen und Geschäftsbanken zu nutzen – sie verfügen über ausreichend Mittel für Baufinanzierungen“, betont Loacker. Die Neos sind dagegen, dass nun die Bundesländer mit einer Haftung einspringen sollen.

EU-Bedenken ausgeräumt

Massive Kritik kommt von der SPÖ. „Kurz und Strache sind die unter den hohen Mieten stöhnenden Menschen völlig egal. Sie fühlen sich ausschließlich den Interessen der Großspender von Kurz verpflichtet. Viele von ihnen kommen aus der Immobilienbranche und haben naturgemäß kein Interesse an günstigem Wohnraum und sinkenden Mieten“, behauptet SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher.

Die WBIB war von Anfang an ein schwieriges Projekt. Zwar wollte der Staat das Institut nicht direkt mit Steuergeld unterstützen, doch auch die Bundeshaftung sorgte für Fragezeichen. Im Vorjahr reiste eine Delegation nach Brüssel. Mit dabei waren Vertreter von Wirtschafts- und Finanzministerium, der Oesterreichischen Nationalbank, die WBIB-Geschäftsführung und Vertreter der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft. Nach langen Verhandlungen konnten Bedenken der EU-Kommission wegen der Staatshaftung ausgeräumt werden. Vor wenigen Wochen traf die Genehmigung aus Brüssel ein.

AUF EINEN BLICK

Die Wohnbauinvestitionsbank wurde von der früheren SPÖ-ÖVP-Regierung als Gelddrehscheibe für den Bau von 30.000 neuen Wohnungen initiiert. Die im Frühjahr 2015 von Faymann und Mitterlehner präsentierte Wohnbauoffensive sah ein Gesamtvolumen von 5,75 Mrd. Euro vor – davon 5,0 Mrd. Euro für die Wohnraumbeschaffung und 750 Mio. Euro für die dazugehörige Infrastruktur. Für 500 Mio. Euro sollte der Bund eine Haftung übernehmen. Doch nun zieht sich der Bund zurück. Ob die Länder einsteigen, bleibt abzuwarten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2018)

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