So treiben die USA Moskau in die wirtschaftliche Isolation

(c) REUTERS (Stefan Wermuth)
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Die neuen US-Sanktionen gegen Russland erweisen sich als folgenschwer. Westliche Geschäftspartner ziehen sich zurück. Mit Rusal wird ein Konkurrent der US-Industrie neutralisiert. Selbst die Agentur Bloomberg spielt dabei mit.

Wien/Moskau. Amerikas Knüppel wirkt. Wer sich am Dienstag auf der US-Nachrichtenagentur Bloomberg über den Börsenchart jener Konzerne informieren wollte, die oder deren Besitzer von den USA am Freitag mit Sanktionen belegt worden waren, fand sich vor einem leeren Bildschirm wieder.

Der russische Aluminiumkonzern Rusal und der Energiekonzern En+, beide im Besitz des Tycoons Oleg Deripaska, und der Schweizer Konzern Sulzer, der einem Russen gehört, – alle waren sie am Vortag an der Börse abgestürzt – und zu allen verweigert Bloomberg nun die besagte Auskunft. Warum zahlende Abonnenten darauf verzichten müssen, wurde auf Anfrage der „Presse“ nicht beantwortet. Man will sich bei Bloomberg offenbar nicht der Gefahr aussetzen, mit Sanktionierten in Zusammenhang gebracht zu werden. Auch in Russland selbst hat etwa eine Investmentbank die Analysen betroffener Firmen eingestellt. Und weil sich manche Bank von den besagten Firmen fernhalten will, hat die Regierung mit Strafen gedroht.

Amerika macht Nägel mit Köpfen, wenn es darum geht, Russland für seine „bösartigen Aktivitäten in der Welt“, wie es offiziell heißt, zu bestrafen. Die Betroffenen haben die Ernsthaftigkeit verstanden. Waren sie beim Börsencrash am Montag in Moskau um Milliarden erleichtert worden, so überführten sie noch schnell ihre Privatflugzeuge aus juristisch unsicheren westlichen Registrierungen.

Rohstoffhändler sucht Distanz

Den umgekehrten Weg gehen der Schweizer und weltweit führende Rohstoffhändler Glencore und sein Chef Ivan Glasenberg. Letzterer hat gestern mitgeteilt, dass er als Aufsichtsrat von Rusal zurücktritt. Zudem will Glencore nun seinen Anteil von 8,75 Prozent an Rusal nicht in Aktien von En+ wandeln, wie das beim vorjährigen Börsengang zugesagt worden war.

Glencore, durch seine Präsenz in politisch heiklen Rohstoffstaaten sanktionserfahren, geht auf Nummer sicher. Schließlich ist er einer der größten Kunden von Rusal und steht vor der Verlängerung eines fünfjährigen Abnahmevertrages. Und schließlich haben die USA auch Nicht-Amerikanern mit Strafen gedroht, sofern sie wissentlich bedeutende Transaktionen der sanktionierten russischen Firmen und Personen ermöglichen.

Bevölkerung wird leiden

Vor dem Hintergrund der geplanten Einführung von Zöllen auf Stahl und Aluminium befreien die USA mit den Sanktionen gegen Rusal ihre eigenen Stahlfirmen auch von einem Konkurrenten. Rusal machte 2017 immerhin 14,4 Prozent seines Umsatzes in den USA. Und es ist möglich, dass Rusal mittels Sanktionen auch von anderen Märkten verdrängt wird.

Die USA treiben Russland in die wirtschaftliche Isolation, meinen Ökonomen unisono. Schon wurde in den USA ein neuer Gesetzesantrag eingebracht, um US-Bürgern Finanzoperationen mit Unternehmen zu verbieten, die russische Staatspapiere halten. Der Rubel würde fallen, die Inflation anziehen und der Wohlstand der Bevölkerung sinken, so der Ex-Chef der Zentralbank, Oleg Vjugin. Der Rubel hat seit Wochenbeginn schon abgewertet – am Dienstag stiegen Euro und Dollar um knapp sieben Prozent und damit so stark wie zuletzt Ende 2014. (est/hil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2018)

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