Wohnbau: Gesetze machen Wohnen unnötig teuer

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Hohe Grund- und Baukosten erschweren den gemeinnützigen Wohnbau, sagt Karl Wurm, Obmann der gemeinnützigen Bauträger. Doch auch viele überholte und wenig sinnvolle gesetzliche Regeln entpuppen sich als Kostentreiber.

Wien. Österreichs gemeinnützige Wohnbauträger haben im Jahr 2017 17.010 Wohnungen übergeben. Das sind um elf Prozent mehr als im Jahr zuvor. Für 2019 rechnet Karl Wurm, Obmann des Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen, mit einem weiteren Anstieg, wie er bei einer Pressekonferenz am Dienstag sagte. Wie lange diese Bauleistungen noch erbracht werden können, ist allerdings fraglich. Denn nicht nur die Kosten für Grundstücke sind – vor allem in den Ballungszentren – stark angestiegen, sondern auch die Baukosten ufern immer mehr aus.

Grund dafür ist die boomende Wirtschaft. Die Auftragslage der meisten Bauunternehmen ist blendend. Denn auch private Bauträger setzten derzeit alles daran, ihre Projekte so schnell wie möglich, also solange die Zinsen so niedrig sind, zu realisieren. Die Folge: „Derzeit können sich die Baufirmen aussuchen, bei welchen Projekten sie Anbote legen. Und natürlich entscheiden sie sich nicht für die mühsamen, komplexen, sondern für die einfachen, bei denen mit keinen Probleme oder Verzögerungen zu rechnen ist“, sagt Wurm. Das sei auch der Grund, weshalb es derzeit fast unmöglich sei, alte oder gar denkmalgeschützte Wohnhäuser zu sanieren. Erfahrungsgemäß gestalten sich diese Sanierungen aufgrund der vielen rechtlichen und baulichen Auflagen besonders schwierig und langwierig.

Angebote der Baufirmen sind zu hoch

So positiv die wirtschaftliche Lage für die Bauwirtschaft ist, so sehr bringe sie den geförderten Wohnbau zusehends in Bedrängnis, sagt Wurm: „Seit Mitte 2017 haben wir das Problem, dass die Angebote, die wir von der Bauwirtschaft erhalten, um bis zu 60 Prozent über den von uns kalkulierten Kosten liegen. Wenn wir die Projekte trotzdem realisieren wollen, bleibt uns nur die Möglichkeit, alles umzuplanen oder sonst irgendwo gehörig abzuspecken.“

Um Wohnbauförderung zu bekommen, müssen nämlich bestimmte finanzielle Limits eingehalten werden. In jedem Bundesland gibt es dazu andere rechtlich verbindliche Vorgaben. In Wien etwa dürfen die Grundstückkosten 300 Euro und die Baukosten 1800 Euro pro Quadratmeter nicht überschreiten. Eine Situation, die von der Politik überdacht werden soll, so Wurm. Vor allem dann, wenn Wohnraum auch in Zukunft leistbar bleiben soll. Differenzierung sei das Gebot der Stunde, sagt er.

Was er damit meint? „Bisher hieß es immer: Öffentlicher Wohnbau muss eine hohe Qualität haben, schließlich werde er ja auch aus öffentlichen Mitteln finanziert. Dabei wird aber nicht berücksichtigt, dass die Nachfrage unserer Kunden eine ganz unterschiedliche ist. Viele von ihnen brauchen diese hohe Qualität nicht in jedem Detail, und schon gar nicht sind sie bereit, dafür noch mehr Geld aufzubringen.“

Ein Beispiel: Beim Bau von frei finanzierten Wohnungen werden in aller Regel Kunststofffenster verwendet. Auch private Häuslbauer entscheiden sich meistens dafür. Im geförderten Wohnbau hingegen dürfen ausschließlich – die wesentlich teureren – Holz-Aluminium-Fenster eingebaut werden. „Das erhöht die Kosten im geförderten Segment natürlich deutlich. Dem Gros der Wohnungsuchenden ist damit aber nicht gedient, denn das Material der Fenster ist ihnen völlig egal. Sie wollen vor allem leistbare Fenster haben, die in der Instandhaltung günstig sind“, sagt Wurm.

Nicht jeder will einen Garagenplatz

Aber es gibt noch viele andere Regelungen, die aus seiner Sicht zu überdenken sind – Stichwort Stellplätze. In manchen Regionen müssen pro Wohnung gleich zwei, manchmal sogar drei Stellplätze für Autos zur Verfügung gestellt werden. In ländlichen Gebieten mit schlechter Verkehrsanbindung mag das auch verständlich sein. Anders sei das aber in Städten. „Da es nicht ausreichend Platz gibt, müssen wir Tiefgaragen bauen, was jedes Bauprojekt massiv verteuert. Aber viele Interessenten sind an einem Stellplatz nicht interessiert. Sie haben nämlich gar kein Auto und benutzen ohnehin lieber öffentliche Verkehrsmittel oder ihr Fahrrad“, sagt Wurm.

In Wien habe man diesen Trend bereits erkannt und die Vorschriften angepasst. Nun muss nicht mehr für jede neue Wohneinheit ein Stellplatz angeboten werden, sondern erst ab einer Wohnungsgröße von 100 Quadratmetern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2018)

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