Wettbewerbsbehörde für mehr Konkurrenz am Apothekenmarkt

Jens Wolf
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Die Bundeswettbewerbsbehörde spricht im ersten Bericht zum Apothekenmarkt von einer "monopolartigen Wettbewerbsposition". Um den Wettbewerb anzukurbeln, empfiehlt sie neue Öffnungszeiten und einen Preiswettbewerb bei nicht versicherungspflichtigen Medikamenten.

Die Bundeswettbewerbsbehörde hält den Gebietsschutz der Apotheken für "überschießend" und fordert eine Liberalisierung. "Aus der derzeit bestehenden Bedarfsprüfung folgt, dass die Apotheken im Wesentlichen frei von Wettbewerbsdruck agieren können, weshalb die wirtschaftliche Existenz auch für jene Apotheken gesichert ist, die ineffizient sind oder für den Konsumenten mangelhaft geführt werden."

Die BWB spricht von einer "monopolartigen Wettbewerbsposition" und verweist in dem am Freitag veröffentlichen Bericht zum Apothekenmarkt auf die Vorteile einer Liberalisierung. "Eine Deregulierung des Marktzutritts für Apotheken würde Apotheken erlauben, miteinander in Wettbewerb zu treten und damit positive Auswirkungen für die Konsumenten mit sich bringen sowie erhebliche Wohlfahrtseffekte generieren." Insbesondere zeige die Erfahrung aus deregulierten Ländern, dass es keine negativen Auswirkungen auf die Arzneimittelversorgung am Land gibt.

Die Wettbewerbshüter halten auch eine Lockerung der gesetzlichen Regelung für empfehlenswert, damit Apotheken durch zusätzliche Dienstleistungen miteinander in vermehrten Qualitätswettbewerb treten können. Ein Qualitätswettbewerb verbunden mit Deregulierung könnte zu besserer Beratung, neuen Dienstleistungen, kürzeren Wartezeiten und längeren Öffnungszeiten führen, ist die Behörde überzeugt. Den Apotheken sollte es zum Beispiel erlaubt werden, ihre Aufsperrzeiten an die allgemeinen Ladenöffnungszeiten anzupassen. Bei nicht verschreibungspflichtigen Medikamente (OTC-Arzneimittel) erachtet die Behörde einen Preiswettbewerb, auch online, für zielführend - bei rezeptpflichtigen Arzneien ist dieser ohnehin nicht möglich.

Eine Aufweichung des Prinzips der eigentümergeführten Apotheke - derzeit gibt es ein Ketten- und Fremdbesitzverbot - wird in dem BWB-Bericht hingegen abgelehnt. "Eine vertikale Integration würde die Wahrscheinlichkeit des Auftretens negativer Folgen wie Marktzutrittsbarrieren, die Abschottung "fremder" Apotheken und das Verschieben der Sortimentsbreite und -tiefe zugunsten der vom Großhändler angebotenen Waren massiv erhöhen", heißt es.

Schon jetzt sei der Machteinfluss der drei großen Apotheken-Großhändler auf die Apotheken groß, teilweise legen die Großhändler den Steuerberater der Apotheken fest oder geben die Marketingmaßnahmen vor. Von den sechs Großhändlern dominieren die drei größten den Markt laut BWB zu 75 bis 85 Prozent. Neben Beteiligungen und Bürgschaften bestehen zwischen Apotheken und Großhändlern zum Teil weitreichende vertragliche Beziehungen wie Warenkredite, Kaufpreisstundungen, Finanzierungshilfen, Mindestumsätze und Warenbezugszusagen. Dadurch werde, so die BWB, ein massiver Einfluss auf das Bestellverhalten der Apotheken ausgeübt. Apotheken sollten aber leichter Filialapotheken eröffnen können, empfiehlt die Behörde abschließend.

Aktuell gibt es in Österreich 1.357 öffentliche Apotheken. Die Zahl ist im vergangenen Jahrzehnt um 10 Prozent gestiegen. Im europäischen Durchschnitt verfügt Österreich mit 15,4 Apotheken pro 100.000 Einwohner über eine geringe Apothekendichte, allerdings gibt es zusätzlich Hausapotheken niedergelassener Ärzte. Die Ausgaben für pharmazeutische Erzeugnisse machen mit 3,7 Mrd. Euro rund 13,5 Prozent der gesamten öffentlichen Gesundheitsausgaben in der Höhe von 27,3 Mrd. Euro aus. Der Gesamtumsatz der öffentlichen Apotheken in Österreich betrug im Jahr 2016 rund 3,98 Mrd. Euro, darauf entfielen 2,69 Mrd. Euro auf Krankenkassenumsätze und 1,29 Mrd. Euro auf Privatumsätze.

Die BWB nimmt derzeit den gesamten Gesundheitsmarkt genauer unter die Lupe. Der erste Teilbericht zum Apothekenmarkt ist nur der Anfang. Behördenchef Theodor Thanner hat angekündigt, sich beispielsweise auch mögliche Absprachen bei Medikamentenpreisen oder Monopolisierungstendenzen bei Pharmaunternehmen anzuschauen. Untersucht wird auch die Nachfragemacht von Pflegeheimen oder die Beschaffung von Großgeräten für Radiologie-Untersuchungen. Zuletzt waren auch Rettungsdienste und Privatspitäler ein Thema für die Kartellbehörde.

((APA))

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