Türkische Lira fällt auf Rekordtief – und Do&Co mit

(c) APA/AFP/OZAN KOSE
  • Drucken

Die politischen Spannungen stürzen die Währung in eine Krise. Darunter leidet der Cateringkonzern Do&Co, der ein Drittel des Umsatzes am Bosporus macht. Die Trennung von Turkish Airlines könnte ein Vorteil sein.

Wien/Istanbul. Wenn Attila Doğudan am 14. Juni die Zahlen für das Geschäftsjahr 2017/18 präsentiert, dürfte er – im Gegensatz zu den Jahren zuvor – kaum eine Fortsetzung der Erfolgsserie seines Cateringkonzerns Do&Co berichten. Schuld daran ist nicht das operative Geschäft des börsenotierten Unternehmens, das Dutzende Airlines und so gut wie alle Topsportevents bekocht. Das läuft gut, sieht man von Schwankungen ab, die Großereignisse wie Fußballweltmeisterschaften auslösen.

Tiefrote Spuren in der Bilanz hinterlässt indes die Türkische Lira, die sich vor dem Hintergrund der politischen Spannungen seit Monaten im freien Fall befindet. Do&Co macht nahezu ein Drittel des Umsatzes, der in den ersten neun Monaten um neun Prozent auf 671 Mio. Euro gefallen ist, in der Türkei. Die negativen Währungseffekte machten in dem Zeitraum 53 Mio. Euro aus.

Allein im Mai ist die türkische Währung an jedem Tag bis auf drei gefallen, 21 Prozent beträgt der Wertverlust seit Jahresbeginn. Am Mittwoch erreichte die Lira mit einem Abschlag von rund fünf Prozent ein neues Rekordtief – „ein Zeichen, dass die Weigerung der Zentralbank einzugreifen, den Händlern freie Hand lässt, gegen die Währung zu wetten“, schreibt Bloomberg. Eine Verschwörung sei es für Machthaber Recep Tayyip Erdoğan, für Finanzexperten ist es sein Einfluss auf die Notenbank, die diese davon abhält, trotz hoher Inflationsraten die Zinsen anzuheben.

Ersatz für Turkish Airlines

Entsprechend negativ reagiert die Do&Co-Aktie, die vorgestern vier und gestern fast acht Prozent einbüßte. Das einstige Liebkind der Anleger hat den Wert seit dem Hoch von knapp 70 Euro im Juni 2017 nahezu halbiert. Einen Absturz im zweistelligen Bereich gab es im August, ausgelöst von einer Analyse des Brokers Kepler Cheuvreux: Auf Basis eines Szenarios für die Kursentwicklung der Lira hieß es, dass Do&Co in den nächsten Jahren kein Wachstum erzielen könne. Die Faustregel von Kepler Cheuvreux – zehn Prozent Kursverlust der Lira ergeben fünf Prozent weniger Gewinn – bedeutet harte Zeiten für Do&Co.

Vor diesem Szenario könnte die auf den ersten Blick negativ erscheinende Trennung vom bisher wichtigen Partner Turkish Airlines, mit dem Do&Co ein Joint Venture hat, zum Vorteil werden. Die Airline will das Catering auf dem neuen Istanbuler Flughafen nicht mehr an Do&Co vergeben und hat Konkurrenten Sats im Visier.

Doğudan dürfte das Thema Turkish Airlines schon ad acta gelegt haben und konzentriert sich auf laufende Ausschreibungen für große Cateringaufträge in Großbritannien und Spanien. Die AUA hat Do&Co wieder in der Tasche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

TURKEY-FOREX-ECONOMY-POLITICS
Geld & Finanzen

Türkei: Notenbank kämpft gegen schwache Lira

Die türkische Landeswährung befindet sich im freien Fall. Die Zentralbank hat den Leitzinssatz nun überraschend auf 16,5 Prozent angehoben.
Die türkische Währung verliert rasant an Wert
Österreich

Türkei steuert auf Währungskrise zu - Lira im freien Fall

Die türkische Währung verliert rasant an Wert. Die Börse des Landes erklärte, es gebe keine Wirtschaftsdaten, die die Abwertung der Lira rechtfertigten würden.
Früher ein Symbol der erfolgreichen Industrialisierung des Landes, jetzt eines des Stillstands: Italien steht auf dem konjunkturellen Pannenstreifen und will jetzt mit Methoden anschieben, die durchaus das Zeug haben, eine neue Finanzkrise in Europa auszulösen.
Bilanz

Wird die Krise italienisch oder türkisch?


Die Frage ist nicht, ob Europa eine neue Finanzkrise droht, sondern eher, ob diese von Italien, von der Türkei oder von beiden ausgelöst wird und wann sie losbricht. Am Horizont zeigen sich jedenfalls ziemlich düstere Szenarien.
Der "Greenback" gilt momentan die Währung der Stunde
Geld & Finanzen

Das Comeback des Dollars

Der Dollar feiert am Devisenmarkt ein Comeback: War 2017 für die US-Währung mit einem Minus von zehn Prozent noch das schwärzeste Jahr seit 2003, ist sie mittlerweile wieder zum Liebling der Anleger geworden.
Mit Projekten wie dem Bau der Moschee am Istanbuler Taksim-Platz will der türkische Präsident Erdogan nicht nur die Gesellschaft verändern, sondern auch die Wirtschaft des Landes ankurbeln.
Österreich

Wirtschaftsaufschwung: Das türkische Trugbild

Im Vorjahr konnte die Wirtschaft der Türkei so stark wachsen wie in kaum einem anderen Land. Dennoch bereitet die Situation Ökonomen zunehmend Sorgen. Ein Widerspruch?

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.