Staatsfinanzen: Gut, aber nicht im EU-Spitzenfeld

Vorsichtig positiv zeigt sich der Chef des Fiskalrats, Bernhard Felderer.
Vorsichtig positiv zeigt sich der Chef des Fiskalrats, Bernhard Felderer. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Verschuldung und Budgetdefizit der Republik geben ein erfreuliches Bild ab, so der Fiskalrat. Der EU-Vergleich zeigt allerdings, was angesichts der Hochkonjunktur möglich wäre.

Wien. Der Job des Vorsitzenden des Fiskalrats ist eher nichts für Optimisten. Denn dieses Gremium hat darauf zu achten, dass die staatlichen Finanzen – also das jährliche Budgetdefizit und die Verschuldung – nicht aus dem Ruder laufen. Kritik an der Politik und regelmäßige Warnungen gehören daher zum Standardrepertoire des Fiskalrats.

Am Mittwoch konnte Bernhard Felderer, der Vorsitzende des Rats, bei der Präsentation des aktuellen Fiskalberichts allerdings auch einmal fröhlichere Töne anschlagen. Denn Österreich hält die EU-Vorgaben zurzeit weitgehend ein. Dass für das Jahr 2019 sogar ein Budgetüberschuss angepeilt sei, „ist sicher ein paar Flaschen Sekt wert“, so Felderer. Denn so etwas habe es schon lang nicht mehr gegeben.

„Noch strukturelle Probleme“

Allerdings zeige der Vergleich mit anderen europäischen Ländern auch, was angesichts der aktuellen Hochkonjunktur möglich wäre. So erzielt Österreich heuer laut der Prognose des Fiskalrats ein Budgetdefizit (Maastricht-Definition) von 0,5 Prozent des BIP. Darin sind allerdings auch die positiven konjunkturellen Effekte enthalten. Das strukturelle Defizit, in dem diese Effekte bereinigt sind, liegt mit 0,8 Prozent deutlich darunter. „Beim strukturellen Defizit sieht man die Wahrheit, dass wir eben noch etliche strukturelle Probleme haben“, so Felderer.

Im EU-Vergleich steht Österreich damit zwar gut da, gehört aber definitiv nicht mehr zur Spitzengruppe. „Acht Länder haben bereits Maastricht-Überschüsse. Fünf schaffen sogar ein strukturelles Budgetplus“, so Felderer. Neben Deutschland sind das Luxemburg, Malta, Zypern und – für viele wohl überraschend – Griechenland. Dass auch sonst kein EU-Land mehr ein Defizit von über drei Prozent habe, ist für Felderer ein Beweis dafür, dass die viel gescholtenen Maastricht-Regeln sehr wohl funktionieren. „Ohne diese Regeln hätten das vielleicht die perfekten Deutschen geschafft.“

Ein gewichtiger Grund für die allgemein positive Entwicklung sei allerdings die florierende Wirtschaft, erinnert Felderer. Und: „Der Höhepunkt der Konjunktur könnte in der ersten Hälfte des Jahres 2018 bereits überschritten worden sein.“ Sämtliche Prognosen würden eine Abkühlung der Konjunktur vorhersagen.

Gerade jetzt sei also die Zeit, dass sich der Staat fiskalisch darauf vorbereite. Ob das im ausreichenden Maße geschieht, sei aber fraglich. Vor allem die „vielen ungeplanten Maßnahmen, die hohe Kosten verursachen“, sind Felderer dabei ein Dorn im Auge. So kostete etwa allein die letzte Nationalratssitzung vor der Wahl im Herbst 2017 über 400 Mio. Euro, die Abschaffung des Pflegeregresses im Wahlkampf weitere 300 Mio. Euro. Dadurch erhöhten sich die staatlichen Ausgaben kräftig. Betrug das Ausgabenwachstum im Schnitt der vergangenen fünf Jahre noch 2,1 Prozent, steigen die staatlichen Ausgaben im Jahr 2018 laut der Prognose des Fiskalrates um 3,1 Prozent an.

Dass die Regierung nun als Gegenmaßnahme einige „konjunkturell nicht mehr notwendige Maßnahmen“ wie den Beschäftigungsbonus und die Aktion 20.000 abgeschafft hat, ist laut Felderer richtig. Dennoch bleibe unter dem Strich ein Minus von 1,15 Mrd. Euro oder 0,3 Prozent des BIP im Verhältnis zum Vorjahr. Felderer hofft daher, dass solch außerbudgetäre Beschlüsse künftig weniger werden. „Diese häufigen Interventionen sind aber anscheinend ein Kulturmerkmal österreichischer Politik.“

Auch absolute Schulden sinken

Eine grundsätzlich positive Entwicklung gibt es aber auch bei den Staatsschulden. War Österreich 2014 noch mit 84 Prozent des BIP verschuldet, beträgt dieser Wert heuer nur mehr 74,3 Prozent und soll 2019 sogar auf 70,7 Prozent sinken. Grund für diesen starken Rückgang ist vor allem der Abbau der Bad Banks, die in den Jahren der Finanzkrise den Schuldenberg der Republik nach oben schnellen ließen. „Das Tempo des Schuldenabbaus wird daher sicher nicht so weitergehen“, sagt Felderer. Dennoch würden auch die staatlichen Sparbemühungen Früchte tragen. So sinkt seit 2016 auch die absolute Staatsverschuldung: von einst 295 Mrd. auf für 2019 prognostizierte 285 Mrd Euro. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2018)

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