Arbeitszeit: Hartinger-Klein verteidigt Pläne, Kern fordert Rückkehr an Verhandlungstisch

Social Minister Beate Hartinger-Klein arrives for a news conference in Mauerbach
Social Minister Beate Hartinger-Klein arrives for a news conference in Mauerbach(c) REUTERS (Lisi Niesner)
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Die FPÖ-Sozialministerin ist gegen einen "Justament-Standpunkt" von Arbeitnehmern gegen längeres Arbeiten. Habe man aber Kinder abzuholen oder jemanden zu pflegen, "dann hat jeder Arbeitgeber sicher Verständnis dafür", meinte sie.

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hat am Samstag verteidigt, dass Arbeitnehmer eine längere Arbeitszeit künftig nicht begründungslos ablehnen dürfen. Es sei "klar, dass das nicht aus Justament-Standpunkt" geschehen könne, meinte die Ministerin im Ö1-"Morgenjournal". Habe man aber Kinder abzuholen oder jemanden zu pflegen, "dann hat jeder Arbeitgeber sicher Verständnis dafür", meinte sie.

"Diskussion Richtung Klassenkampf einfach nicht mehr adäquat"

Der Gewerkschaft hielt die Ministerin vor, beim Thema Arbeitszeitflexibilisierung Verunsicherung zu betreiben, etwa mit dem aus ihrer Sicht unrichtigen Vorwurf des Lohnraubs. "Ich glaube, diese ganze Diskussion Richtung Klassenkampf, Ausspielen Arbeitgeber gegen Arbeitnehmer, das ist einfach nicht mehr adäquat", sagte sie.

Der steirische SPÖ-Chef und Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer warf der Bundesregierung daraufhin vorsätzliche Falschinformation vor. "Von Freiwilligkeit beim 12 Stunden Tag [sic] zu reden, obwohl im eigenen Gesetz schwarz auf weiß steht, dass dieser nicht freiwillig ist, sondern angeordnet wird, ist Zynismus pur", kritisierte er in einer Stellungnahme auch Hartinger-Klein persönlich: "Stehen Sie zu Ihrem Vorschlag, dass der Chef entscheidet, wann 12 Stunden zu arbeiten sind, ändern Sie ihn ab, oder gehen Sie."

Kern: "Umverteilung wird Österreich schwächen"

Die SPÖ forderte die Regierung generell auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren - und nicht über Arbeitnehmer "drüberzufahren". Eine derart weitreichende Maßnahme wie die Arbeitszeitflexibilisierung solle nicht von oben herab gegen die Interessen von Millionen von Beschäftigten beschlossen werden, sondern auf Augenhöhe verhandlet werden, sagte Parteichef Christian Kern am Samstag.

In einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser und dem burgenländischen Landesrat Hans Peter Doskozil forderte Kern die ÖVP-FPÖ-Regierung auf, die ausgestreckte Hand der Arbeitnehmervertreter zu ergreifen und mit den Sozialpartnern an einer "vernünftigen Lösung" zu arbeiten, anstatt "im Schatten der Fußball-WM" in einer ruckartigen Aktion "einseitige massive Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen" zu beschließen. "Ein derartiger Klassenkampf von oben ist nicht hinnehmbar", sagte er. Die Regierung sollte innehalten und darüber nachdenken, ob sie mit einer solchen Politik den Unternehmen etwas Gutes tue, gab Kern zu bedenken: "Diese Umverteilung von unten nach oben wird Österreich schwächen."

Bruch mit "sozialpartnerschaftlichen Tradition"

Das Vorgehen der Regierung sei ein "eklatanter Bruch" mit der sozialpartnerschaftlichen Tradition, "die Österreich groß und stark gemacht hat". Die türkis-blaue Politik des "Drüberfahrens ist ein Zeichen enormer politischer Schwäche und Unreife, vielleicht auch persönlicher Unreife", sagte Kern in Richtung Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und: Die Behauptung, dass Arbeitnehmer den vom Arbeitgeber verordneten Zwölf-Stunden-Tag ablehnen können, sei "ein völliger Blödsinn" und zeige, dass manche Regierungsmitglieder "keinerlei Erfahrungen in der Arbeitswelt" haben würden.

Er kündigte an, dass die Sozialdemokratie auf Seite der Arbeitnehmervertreter stehe und für Aufklärung und Bewusstseinsbildung sorgen werde: "Wir werden das nicht tatenlos hinnehmen." Von Streiks wollte er noch nicht sprechen und hoffte auf ein Einlenken der Regierung.

Kaiser und Doskozil warnten ebenfalls davor, den Weg des "sozialen Friedens" zu verlassen. Doskozil, der im Burgenland mit der FPÖ in einer Koalition sitzt, zeigte sich verwundert darüber, dass die Blauen bei der "der Industrie verpflichteten Klientelpolitik der ÖVP mitmacht". Er machte zudem besonders auf die Nachteile für Pendler aufmerksam, die bis zu fünf Stunden täglich zu und von der Arbeit fahren. Für sie bedeute der Zwölf-Stunden-Tag eine massive Verschlechterung.

(APA)

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