Zwölf-Stunden-Tag: WKO ortet "gesteuerten Protest" gegen Werbespot

Screenshot Youtube
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Kammerchef Harald Mahrer lobt den umstrittenen 54.000-Euro-Werbeclip für den Zwölf-Stunden-Tag.

Harald Mahrer ist zufrieden. Zumindest an Aufmerksamkeit für seine erste große Werbekampagne als Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKO) mangelt es nicht. Im Gegenteil: Das Internet-Video, in dem die WKO den Zwölf-Stunden-Tag von kleinen animierten Männchen als Segen für alle Menschen im Land besingen lässt, steht seit Tagen im Kreuzfeuer der Kritik. Am Dienstag ruderte die Kammer zurück und verkündete den Produktionsstopp für weitere TV-Spots. Auch das Online-Video wollte man nicht mehr bewerben. Am Mittwoch war von einer Distanzierung der WKO vom oft verspotteten Werbefilm kaum etwas zu merken. Hunderte Unternehmer, die zum Exporttag in die Wiener Zentrale gekommen waren, sahen den Spot auf jedem zweiten Flatscreen in Dauerschleife.

Eine "paradoxe Intervention"

Das 54.000 Euro teure Internetvideo sei "Teil einer lange geplanten, großen Kampagne der Wirtschaftskammer zum Thema Arbeitszeitflexibilisierung" gewesen, erklärte Mahrer. Dass die Regierung zufällig zeitgleich den Zwölf-Stunden-Tag beschließt und das Thema damit emotional aufgeladen sei, habe niemand ahnen können. Die mit rund 500.000 Euro dotierte Werbekampagne werde aber in jedem Fall weiterlaufen. Vorerst nicht im TV, mit Sicherheit aber im Radio.

"Stilistisch kann man bei Werbung immer trefflich diskutieren", sagte er angesprochen auf den massiven Spott und Proteste aus Onlineforen. Aber man habe "bewusst eine paradoxe Intervention gewählt" und auch mit einem gewissen Maß an Ablehnung gerechnet. Als Fehlschlag will Mahrer die Kampagne der Werbeagentur Demner, Merliceck & Bergmann in jedem Fall nicht bezeichnen.

Immerhin sei die Aufmerksamkeit für das Thema inzwischen enorm. In Summe wurde das Video mittlerweile über 300.000 Mal auf YouTube angesehen. Nur fünf Prozent davon hätten ihre Ablehnung mit einem "Dislike" kundgetan. Und auch diesen Protest müsse er nach technischer Analyse zumindest als "sanft gesteuert" bezeichnen.

429 Sehern gefällt das Video

Dabei haben nicht nur Opposition und Gewerkschaft ihrem Unmut über das geplante Arbeitszeitgesetz im Netz freien Lauf gelassen. Auch Unternehmer ärgerten sich online darüber, dass "ihre" Kammer die Zwangsbeiträge ausgebe, um ein PR-Eigentor zu schießen.

Eine Sichtweise, der sich die Wirtschaftskammer naturgemäß nicht anschließen kann. Das Video habe vielmehr dazu beigetragen, dass endlich über das Thema diskutiert werden könne, betonte Mahrer. Jetzt gehe es darum, "die Emotionen rauszunehmen" und eine sachliche Debatte zu suchen. Niemand wolle Überstundenzuschläge streichen, niemand wolle das Modell als Dauerlösung sehen. Ob das Video hier gute Überzeugungsarbeit geleistet hat, ist fraglich. Zwar haben nur 15.000 Seher ein "Dislike" verteilt. Zu einem "Like" konnten sich trotzdem nur 429 von über 300.000 durchringen.

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