Zugverspätungen in Österreich: "Ein bisschen nervös war ich schon"

Zugausfälle und -verspätungen am Wiener Hauptbahnhof
Zugausfälle und -verspätungen am Wiener HauptbahnhofWinroither / Die Presse
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Im Morgenverkehr kam es wegen ÖBB-Betriebsversammlungen zu massiven Verspätungen und rund 250 Zugausfällen. Die Reisenden in Richtung Wien nahmen es gelassen - viele wichen, wenn sie konnten, aus - aufs Auto.

Der Tag verlief natürlich nicht wie geplant. Der Mann mit der gelben Jacke, der in der Früh von Sankt Veit an der Gölsen mit dem Zug nach Wien fahren wollte, musste am Bahnsteig wieder umdrehen. Sein Zug war kurzfristig ausgefallen, auf den nächsten zu warten, dauerte zu lange. Also lief er den einen Kilometer wieder zurück nach Hause, setzte sich ins Auto, fuhr 25 Kilometer nach Sankt Pölten und setzten sich dann dort in den Zug. Er erreichte Wien 25 Minuten später als sonst.

Wütend ist er deswegen nicht, als er heute morgen mit tausenden anderen Fahrgästen in schnellerem Schritt durch die Bahnhofshallen marschiert. "Es ist in Ordnung. Wer viel pendelt, der versteht das", sagt er bevor er weiter in Richtung U-Bahnstation geht. Er drückt damit aus, was viele an diesem Tag denken: Solche Tage sind nicht super, aber irgendwie verständlich, und ganz so schlimm ist es dann auch wieder nicht. 

Bereits kurz nach halb sieben Uhr in der Früh werden die ersten Zugausfälle und -verspätungen am Wiener Hauptbahnhof gemeldet. "Bitte rechnen Sie heute mit starken Verspätungen", sagt die Stimme von Chris Lohner (die seit mehr als 35 Jahren für die ÖBB die Ansagen macht) alle fünf Minuten durch die Lautsprecher. Gefolgt von vereinzelten "Dieser Zug fällt heute aus"-Sagern, etwa der Regionalzug 7404 nach Wiener Neustadt, Planabfahrt 7:28 oder der Zug nach Marchegg um 7:49 Uhr.

Insgesamt 250 Züge sollten im Laufe des Vormittags ausfallen, von insgesamt 5000 Personenfahrzügen am Tag. Besonders betroffen sind Graz, Linz und in Wien die S-Bahn. Dort seien aber zahlreiche Passagiere auf die Wiener Linien ausgewichen, heißt es seitens den ÖBB.

Informierte Fahrgäste, gelassene Reisende

Doch die Fahrgäste nehmen die Störungen in Wien fast schon gelassen hin. Vielleicht, weil die ÖBB das Chaos gut angekündigt haben. Bereits in der Vorwoche wurden wegen der geplanten Änderungen bei der Arbeitszeit rund 200 Betriebsversammlungen in ganz Österreich von sechs bis neun Uhr in der Früh angekündigt. Es sei mit  "massiven Zugverspätungen und Zugausfällen zu rechnen", hieß es am Freitag dazu noch.

Tatsächlich wissen fast alle Fahrgäste auf Nachfrage der "Presse" von den Verspätungen - und haben sich darauf vorbereitet. Zwei Frauen aus dem Burgenland sind deswegen extra eine Stunde früher aufgestanden, um einen schnellen Morgenzug zu erreichen. Der sei dann natürlich ausgefallen. Aber auch der spätere (langsamere) Zug brachte sie halbwegs pünktlich nach Wien. "Aber klar wäre es mir lieber gewesen, wenn ich später aufstehen hätte können", sagt eine der beiden.

Verärgerter ist da schon die Frau, die am Bahnsteig der S-Bahn steht und seit zehn Minuten auf einen Zug wartet. "Wenn ich das gewusst hätte, wäre ich anders gefahren", murmelt sie. Sie wird eine halbe Stunde später in die Arbeit kommen. "Das ist halt schon Zeit, die ich reinarbeiten muss", brummt sie.

Wer konnte, der fuhr mit dem Auto

So geht es den ganzen Vormittag dahin. Während die einen erzählen, dass ihre Züge gar keine Verspätung hatten, berichten andere, dass sie einen späteren Zug nehmen mussten, aber trotzdem mit verhältnismäßig wenig Verzögerung nach Wien gekommen sind. Freilich sind an diesem Tag spürbar weniger Menschen mit dem Zug unterwegs.

"Die Parkplätze vor dem Bahnhof waren nicht voll. Es werden wohl viele mit dem Auto gefahren sein, außerdem ist die erste Ferienwoche", erzählt eine Frau, die mit einem Zug aus Gänserndorf gekommen ist. Eine andere Frau steht suchend vor der Anzeigentafel. "Ich weiß noch nicht, ob mein Zug fährt. Aber ich finde die Aktion sehr berechtigt", sagt sie. "Es kann nicht sein, dass das Gesetz ohne Beguachtung beschlossen wird."

Bei den ÖBB verkündet man indes, dass die Züge, die den internationalen Fernverkehr betreffen, kaum Verzögerungen haben. Einige Ausfälle gab es dafür beim überregionalen Verkehr. Der Railjet um kurz vor neun Uhr nach Klagenfurt fährt etwa nicht von Wien weg. Die Gruppe aus Kalifornien, die mit ihm reisen wollten, steht kurzfristig etwas ratlos am Bahnsteig und nimmt dann einfach den nächsten.

Wer auf Urlaub ist, kann sich ein bisschen Verspätung leisten. Und überhaupt, "Vienna is wonderful", sagt ein Ehepaar aus San Francisco, während es auf den Zug nach Prag wartet. So sauber sei hier alles. Und erst der öffentliche Verkehr, der funktioniere so viel besser als in Paris oder London. Die halbe Stunde Verspätung, die ihr Zug hat? "Völlig egal." Ein ältere Mann in der Halle freut sich wiederum, dass sein Zug nach Polen planmäßig abfährt. "Ein bisschen nervös war ich schon", sagt er, kurzfristig sei der Zug nämlich nicht auf der Anzeigetafel gestanden.

Zugausfälle im überregionalen Verkehr

Freilich ist nicht jede Verspätung an diesem Tag den Betriebsversammlungen geschuldet. Eine indische Familie schafft es, den Zug zu versäumen, obwohl der sogar pünktlich abfährt. Sie steht allerdings am falschen Bahnsteig. Auch ein Pärchen, das mit dem großen Tramperrucksack nach Salzburg will, muss kurz umdisponieren. Der Zug nach Salzburg fällt aus. Sie nehmen dann den nächsten.

Später als angekündigt, nämlich um elf Uhr, werden die letzten Betriebsversammlungen beendet. Zu Verzögerungen könne es freilich noch den ganzen Tag über kommen, erklärt ein ÖBB-Sprecher. Besonders im Fernverkehr. "Dort gibt es Züge, die in einzelnen Abschnitten noch gestrichen werden. Das hängt mit dem Umlauf zusammen. Das heißt, wenn der Zug nicht nach Salzburg gekommen ist, dann kann er dort auch später nicht abfahren."

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