Was versteht man unter "Gold Plating"?

(c) Clemens Fabry
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Eine Sammlung von Gesetzesregelungen, die über das Ziel hinausschießen und das Leben der Österreicherinnen und Österreicher erschweren, sorgt für Aufregung.

Unter "Gold Plating" versteht die Regierung die unerwünschte Übererfüllung von EU-Mindeststandards. "Betroffen sind nationale Rechtsvorschriften, die aus Anlass eines EU-Rechtsaktes erlassen wurden, über das Ziel hinausschießen und das Leben der Österreicherinnen und Österreicher erschweren", sagte Justizminister Josef Moser (ÖVP) am Dienstag.  Schutznormen aus dem Sozial- und Umweltbereich, wie zum Beispiel Arbeitnehmerschutzbestimmungen, zählen nicht dazu und seien vom Gold-Plating Projekt ausgenommen. Mosers Ministerium hatte bis Mitte Mai entsprechende Hinweise von Interessensvertretern gesammelt. In einem weiteren Schritt sollen die einzelnen Ministerien nun bis 5. September melden, welche dieser Bestimmungen aufgehoben werden können. Ein entsprechendes Schreiben des Justizministeriums ist nun an die Ressorts ergangen.

Die "ungefilterte Sammlung" hat für einigen Aufruhr gesorgt, sodass sich Moser nun veranlasst gesehen hat klarzustellen, dass sein "Gold-Plating"-Projekt nicht zum Abbau von Sozial- und Umweltstandards führen werde. Insbesondere die Aufweichung von Urlaubs- und Mutterschutzregeln kommt aus Sicht des zuständigen Ministers nicht infrage, weil diese schon vor dem EU-Beitritt bestanden haben, heißt es in einer Aussendung des Ministeriums. Insgesamt seien ihm aus den Ministerien 5800 Rechtsvorschriften und Verordnungen gemeldet worden, die nicht mehr benötigt würden. 2500 davon sollen außer Kraft treten, hatte Moser bereits im April mitgeteilt.

"Mit dem Gold Plating Projekt sollen keine nationalen Schutznormen zurückgenommen bzw. keine Sozialstandards (wie z.B. der bestehende Urlaubsanspruch und der Kündigungsschutz im Mutterschutz) gesenkt werden", heißt es in dem mit 9. Juli datierten Brief an die Ressorts: "Ziel ist es, bürokratische Auswüchse im Zusammenhang mit der Übererfüllung von EU-Normen einzudämmen."

Kategorisierung nach Ampelsystem

Die Ministerien sollen die Liste nun nach einem Ampelsystem in drei Kategorien einteilen: "Grün" bedeutet, dass eine Regel sofort zurückgenommen werden kann, "gelb" (muss näher geprüft werden) und "rot" (wird auf keinen Fall zurückgenommen"). "Grün" wäre aus Sicht der Justiz die Milchmeldeverordnung, "rot" die Urlaubszeit und der Mutterschutz. Ein Gesetzesentwurf mit den Bestimmungen, die auf EU-Mindestnormen zurückgenommen werden, soll im zweiten Halbjahr folgen.

Allerdings enthält die zu diesem Zweck an die Ministerien verschickte Liste sehr wohl auch Vorschläge der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung, in denen "Gold Plating" beim Mutterschutz, bei den Urlaubs- und Arbeitszeitregelungen sowie im Konsumenten- und Umweltschutz beklagt werden. Das Justizministerium begründete das am Dienstag gegenüber der APA damit, dass die Meldungen der Interessensvertreter vom Verfassungsdienst ungefiltert zusammengefasst wurden. Dass soziale Schutzstandards tatsächlich abgeschwächt werden könnten, schloss das Ministerium aber aus.

(APA)

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