Chinesen kaufen europäische Firmen am laufenden Band

APA/dpa/Sven Hoppe
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Heuer wurden bereits 15 Milliarden Dollar für Zukäufe in Europa ausgegeben. Ein EU-Staat steht besonders im Visier der Chinesen. Diese sind oft "Retter in der Not".

Für Übernahmen und Beteiligungen in Europa gaben chinesische Firmen in diesem Jahr bereits 15 Milliarden Dollar (12,88 Milliarden Euro) aus. Ins Auge springt, dass deutsche Unternehmen weiterhin das bevorzugte Ziel sind. Konkret flossen zwei Drittel der Einkaufssumme, sprich 10 Milliarden Dollar, nach Deutschland, wie aus einer Studie der Unternehmensberatung EY hervorgeht.

Nach politischem Gegenwind könnten Spannungen mit den USA nun wieder "zu einer größeren Bereitschaft in Europa führen, chinesische Investoren ins Boot zu holen", sagte EY-China-Expertin Yi Sun.

Der bisher europaweit mit Abstand größte Deal in diesem Jahr war der Einstieg des Autobauers Geely bei Daimler, gefolgt von der Übernahme des französischen Computerspielproduzenten Ubisoft durch den Internetriesen Tencent und der noch laufenden Übernahme des bayerischen Autozulieferers Grammer durch Ningbo Jifeng.

"Immer ein Chinese unter den Interessenten"

Die Zahl der Übernahmen und das Investitionsvolumen in Europa seien jetzt zwar niedriger gewesen als in den Vorjahren. Aber "wenn in Europa ein attraktives Unternehmen als Übernahmeziel gilt, ist eigentlich immer auch ein chinesisches Unternehmen unter den Interessenten", sagte Yi Sun. In Deutschland belegten chinesische Investoren Platz vier hinter Anlegern aus den USA, Großbritannien und der Schweiz. Am größten sei ihr Interesse an Industriefirmen, verstärkt kauften sie gegenwärtig aber auch Rohstoff- und Konsumgüterunternehmen.

Gegenwind nimmt zu

Der Gegenwind habe allerdings zugenommen: Vor allem bei High-Tech-Unternehmen und Energieversorgern gebe es in Europa mehr "politische Bedenken und die Sorge vor einem Ausverkauf von Know-how" sagte Yi Sun. Zugleich seien die Verkäufer vorsichtiger geworden - sie forderten heute oft schon bei der Vertragsunterzeichnung hohe Garantien von den chinesischen Käufern. Bankbürgschaften für chinesische Investoren seien inzwischen schwieriger zu bekommen. Und manchmal müssten Investoren aus der Volksrepublik auch Zugeständnisse in Bezug auf Arbeitsplätze und Unternehmenssitz machen, sagte Yi Sun.

"Retter in der Not"

Einige große Transaktionen scheiterten oder seien noch in der Schwebe. So wies der portugiesische Energieversorger EDP ein chinesisches Übernahmeangebot für 11 Milliarden Dollar ab, in Deutschland kam der Einstieg des chinesischen Staatskonzern State Grid beim Netzbetreiber 50 Hertz nicht zustande.

Mitunter kämen Chinesen aber als "Retter in der Not" zum Zuge, sagte Yi Sun: "Zahlreiche Transaktionen betrafen auch in diesem Jahr wieder insolvente Unternehmen." Auch für deutsche Mittelständler, die die von ihren Kunden erwartete Expansion nicht aus eigener Kraft stemmen könnten, böten sich chinesische Partner an.

(APA/red.)

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