Erdoğan sieht Partnerschaft mit USA "in Gefahr"

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Der türkische Präsident warnt den Nato-Bündnispartner vor einer weiteren Eskalation der Krise. Ab 13. August wenden die USA zusätzliche Strafzölle an.

Nach dem Absturz der türkischen Lira hat Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan den NATO-Bündnispartner USA vor einer weiteren Eskalation der Krise gewarnt. Sollte die US-Regierung die Souveränität der Türkei nicht respektieren, "dann könnte unsere Partnerschaft in Gefahr sein", schrieb Erdoğan in einem am Freitagabend (Ortszeit) veröffentlichten Gastbeitrag der "New York Times". Er drohte, seine Regierung werden ansonsten damit beginnen, "nach neuen Freunden und Verbündeten" zu suchen.

In dem Gastbeitrag warf Erdoğan der Trump-Regierung vor, den türkischen Prediger Fethullah Gülen nicht auszuliefern. Erdoğan macht Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich. Erdoğan schrieb, der Putschversuch ähnele dem, "was das amerikanische Volk zweifellos nach Pearl Harbor und den Angriffen vom 11. September erlebt hat". Gülen lebt im Exil im US-Bundesstaat Pennsylvania.

Strafzölle ab 13. August

Unterdessen gaben die USA bekannt, ihre zusätzlichen Strafzölle auf Stahl aus der Türkei von diesem Montag (13. August) an anzuwenden. Das Weiße Haus in Washington gab am Freitagabend (Ortszeit) eine entsprechende Erklärung von US-Präsident Donald Trump heraus. Von dem Datum an werden die USA Stahlimporte aus der Türkei mit 50 Prozent statt der bisher geltenden 25 Prozent belegen.

Trump erklärte am Freitag auf Twitter: "Ich habe gerade eine Verdopplung der Zölle auf Stahl und Aluminium hinsichtlich der Türkei bewilligt." Die Beziehungen zur Türkei seien "nicht gut". Trump verwies ausdrücklich darauf, dass die Lira "schnell gegenüber unserem sehr starken Dollar abrutscht!" Die Regierung in Ankara kündigte umgehend Vergeltung an. "Allen Schritten gegen die Türkei wird wie bisher die notwendige Antwort gegeben werden", teilte das Außenministerium mit. "Die USA sollten wissen, dass sie mit solchen Sanktionen und Druck keine Ergebnisse erzielen werden."

"Türkei lässt sich nicht einschüchtern"

Davor hatte Erdoğan die Nation angesichts des dramatischen Wertverlustes der Lira zum Zusammenhalt aufgerufen. "Keine Bedrohung, Erpressung oder Operation wird die Türkei einschüchtern", schrieb Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin auf Twitter. "Die Türkei wird auch diesen Kampf gewinnen." Verantwortung für den dramatischen Absturz der Lira übernahm Erdoğan Regierung nicht.

Erdoğan sagte am Freitag im nordtürkischen Gümüshane: "Diejenigen, die glauben, dass sie die Türkei mit Wirtschaftsmanipulationen in die Knie zwingen, kennen diese Nation anscheinend gar nicht." Wen er konkret beschuldigt, sagte er nicht. In einer Ansprache in Bayburt hatte er kurz zuvor von einem "Wirtschaftskrieg" gegen die Türkei gesprochen. Die Lira war am Freitag auf ein Rekordtief gefallen: Für einen Dollar wurden zeitweise 6,87 Lira fällig, zu Monatsbeginn mussten weniger als 5 Lira für einen Dollar ausgegeben werden.

Maßnahmenpaket überzeugte nicht

Ein von Finanzminister Berat Albayrak vorgestelltes Maßnahmenpaket für die angeschlagene Wirtschaft überzeugte Investoren nicht. Der Minister versprach, dass die Regierung eine "unabhängige Geldpolitik" voll unterstützen werde. Die Regierung wolle das Vertrauen in die Lira stärken und werde die Inflation effektiv bekämpfen. Wie genau das geschehen soll, ging aus der Präsentation nicht hervor.

Albayrak ist der Schwiegersohn Erdogans, der im Frühjahr eine stärkere Einflussnahme der Regierung auf Zentralbank angekündigt hatte - also das Gegenteil einer unabhängigen Geldpolitik. Erdogan lehnt Zinserhöhungen ab, um die Inflation zu bekämpfen, die inzwischen die 15-Prozent-Marke überstiegen hat. Mit dieser Haltung widerspricht er diametral der gängigen Wirtschaftslehre.

Streit um festgehaltenen Pastor

Die USA fordern die Freilassung des in der Türkei festgehaltenen US-Pastors Andrew Brunson und weiterer amerikanischer Staatsbürger. Trump hatte deswegen vergangene Woche Sanktionen gegen den türkischen Innenminister Süleyman Soylu und gegen Justizminister Abdülhamit Gül verhängt. Damit werden mögliche Vermögen der Minister in den USA eingefroren, außerdem dürfen US-Bürger keine Geschäfte mit ihnen machen. Erdogan erließ daraufhin ebenfalls Sanktionen gegen US-Minister, die aber weitgehend symbolisch sein dürften.

(APA)

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