In Österreich fehlen 162.000 Fachkräfte

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Der Mangel sei bereits für 87 Prozent der Betriebe spürbar, meint WKÖ-Chef Harald Mahrer. Er fordert nun unter anderem einen eigenen Aufenthaltstitel für Lehrlinge aus Drittstaaten.

Die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) hat bei den heimischen Unternehmen den Bedarf an Fachkräften erheben lassen: Demnach werden österreichweit 162.000 Fachkräfte gesucht, weit mehr als bisher angenommen. WKÖ-Präsident Harald Mahrer fordert nun rasch ein Gesamtpaket gegen den immer größer werdenden Fachkräftemangel. Weiters soll ermittelt werden, welche Berufsbilder regional gesucht werden.

Das ibw (Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft) hat im Auftrag der WKÖ Betriebe befragt und rund 4500 Antworten ausgewertet. Die Hochrechnung der Ergebnisse ergibt, dass österreichweit rund 162.000 Fachkräfte gesucht werden. Durch die Betriebsbefragung ergeben sich laut WKÖ genauere Zahlen, da viele Unternehmen ihren Bedarf gar nicht mehr dem AMS melden.

Demnach ist der Fachkräftemangel bereits für 87 Prozent der Betriebe spürbar, 75 Prozent der Betriebe leiden bereits unter starkem Fachkräftemangel. Zum Vergleich: 2017 fühlten sich "erst" zwei Drittel der Betriebe vom Fachkräftemangel betroffen. Bereits 60 Prozent der Betriebe sagen, dass der Fachkräftemangel zu Umsatzeinbußen führt oder bald führen wird. Und 49 Prozent der Betriebe klagen, dass der Fachkräftemangel dazu führt, dass sie Produkt- und Serviceinnovationen einschränken müssen. 82 Prozent der Betriebe befürchten in den nächsten 3 Jahren eine weitere Verschärfung des Fachkräftemangels in ihrer Branche.

Alterung wird zum Problem

Hintergrund des Fachkräftemangels ist der Rückgang des Arbeitskräfteangebotes, so Mahrer: Die Zahl der 20- bis 60-Jährigen, also der Personen im Erwerbsalter, erreiche heuer ihren Höhepunkt. Ab 2019 nehme die Zahl ab und werde bis zum Jahr 2030 um mehr als 230.000 Personen zurückgehen. Schon 2024 werde es um 40.000 mehr 60-Jährige als 20-Jährige geben.

"Wenn wir nicht gegensteuern, wird der Fachkräftemangel zu einem Problem, das in der Endlosschleife läuft", warnt Mahrer am Rande eines Besuchs in Singapur im Gespräch mit der APA. Dabei setzt die WKÖ auf die Ausbildung von Ausländern in heimischen Lehrbetrieben: Mahrer will einen eigenen Aufenthaltstitel für Lehrlinge aus Drittstaaten, wie es ihn bereits für Schüler und Studenten gebe. Die Rot-Weiß-Rot-Card müsse reformiert werden, damit die Verfahren schneller und unbürokratischer werden. Die Mangelberufsliste soll regional erstellt werden. Dann könnten etwa Köche oder Programmierer aus Drittstaaten (außerhalb der EU) gezielt für ein Bundesland, wo derartige Fachkräfte gesucht werden, eine Arbeitsgenehmigung bekommen.

Asylwerber, die eine Lehre in einem Mangelberuf machen und deren Asylantrag abgelehnt wird, könnten über das humanitäre Bleiberecht ein Aufenthaltsrecht bekommen. Dabei werde die Integration, die Deutschkenntnisse des Lehrlings und der Bedarf der Wirtschaft geprüft - der bei einer Lehre im Mangelberuf wohl vorhanden sei, so Mahrer.

(APA)

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