Merkel sieht Fachkräftemangel als größte Gefahr für Wirtschaft

Angela Merkel: Die Frage, woher die benötigten Fachkräfte kommen, sei "sehr, sehr dominierend"
Angela Merkel: Die Frage, woher die benötigten Fachkräfte kommen, sei "sehr, sehr dominierend"REUTERS
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Die deutsche Regierung verstärkt angesichts des Brexits ihr Engagement für den Finanzplatz Deutschland. Kanzlerin Angela Merkel beklagt aber den Fachkräftemangel.

Die deutsche Regierung verstärkt angesichts des Brexits ihr Engagement für den Finanzplatz Deutschland. "Wir werden alles tun, um Hessen zu unterstützten, attraktive Rahmenbedingungen am Finanzstandort Deutschland zu ermöglichen", sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstagabend bei einer Veranstaltung der Deutschen Börse in Frankfurt.

Fortschritte gebe es unter anderem bei den von Union und SPD im Koalitionsvertrag angestrebten Lockerungen beim Kündigungsschutz für Topverdiener in Banken. "An dieser Regelung wird bereits gearbeitet", sagte die Kanzlerin. Der britische EU-Austritt (Brexit) zwingt Banken am Finanzplatz London, sich umzuorientieren. Hoffnungen auf mehr Jobs macht sich neben anderen Städten in Europa der Finanzplatz Frankfurt. Der strenge deutsche Kündigungsschutz gilt allerdings als Hürde.

Potenzial für Frankfurt sieht Merkel auch beim Euro-Clearing. Derzeit findet die billionenschwere Abwicklung von Handelsgeschäften mit Euro-Wertpapieren vorwiegend in London statt. Wenn Großbritannien aus der EU ausscheidet, hätten hiesige Aufseher kaum noch Kontrolle über diesen wichtigen Markt. "Politisch erklären kann ich das jedem, dass das Euro-Clearing in der Eurozone stattfindet. Und dann ist Frankfurt natürlich der herausragende Ort", sagte Merkel.

Brüssel und London ringen um einen Austrittsvertrag, die Frist läuft bis Ende März 2019. "Wir haben das Ziel, eine Verständigung mit Großbritannien zu erreichen", bekräftigte Merkel. "Es ist natürlich wichtig, dass dieses Ziel unter der Maßgabe erreicht wird, dass ein Nichtmitglied der Europäischen Union nicht die gleichen Rechte und Pflichten haben kann wie ein Mitglied der Europäischen Union." Merkel betonte: "Wir wollen nicht, dass diese Verhandlungen scheitern, wir können es aber auch nicht vollkommen ausschließen. Wir werden mit aller Kraft und aller Kreativität an einem Ergebnis arbeiten."

Den Fachkräftemangel sieht Merkel als größtes Problem für die weitere Entwicklung der deutschen Wirtschaft. In vielen Gegenden Deutschlands habe man bereits das, "was man Vollbeschäftigung nennt", so die Kanzlerin. Überall fehlten Fachkräfte. "Das könnte sozusagen das größte Bottleneck sein." Die Frage, woher die benötigten Fachkräfte kommen, sei "sehr, sehr dominierend". Das Kabinett will im Herbst den Entwurf eines Fachkräftezuwanderungsgesetz beschließen.

Zu diesem Zeitpunkt könnte laut der Kanzlerin auch erstmals der Stand von 45 Millionen Beschäftigten in Deutschland erreicht werden. Die deutsche Wirtschaft wachse nun bereits das neunte Jahr in Folge.

(APA/dpa/Reuters)

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