EIB-Chef warnt: Europa investiert zu wenig

EIB-Chef Werner Hoyer: "Wir müssen innovativer werden"
EIB-Chef Werner Hoyer: "Wir müssen innovativer werden"REUTERS
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Der Brückeneinsturz von Genua sei ein Weckruf, meint der Chef der Europäischen Investitionsbank. Europa müsse mehr Geld in die Hand nehmen, um die Infrastruktur zu modernisieren. Auch die Forschungsausgaben seien zu gering.

Die Staaten Europas verlieren seit Jahren an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Nordamerika und großen Teilen Asiens, weil sie zu wenig in Forschung, Innovation und Bildung investieren, warnt Werner Hoyer, Präsident der Europäischen Investitionsbank (EIB). Außerdem werde in Europa zu wenig in die Infrastruktur investiert, um deren Qualität zu erhalten.

Seit zwölf bis fünfzehn Jahren investiere Europa um 1,5 Prozent des Bruttosozialprodukts weniger in Forschung und Innovation als "die Konkurrenten in Nordamerika, Südostasien, Ostasien und teilweise sogar Südasien" sagte Hoyer am Rande des informellen EU-Finanzministertreffens in Wien. "Wer glaubt, dass das ohne Schwächung an Wettbewerbsfähigkeit und Produktivitätswachstum abgeht, ist illusionär."

Die EU-Staaten hielten zum Großteil das im Vertrag von Lissabon selbstgesteckte Ziel, drei Prozent der Wirtschaftsleistung in Forschung und Innovation zu investieren, nicht ein. Im Schnitt lägen die EU-Staaten eher bei zwei als bei drei Prozent. "Wir müssen innovativer werden und die Investitionen in diese Richtung lenken", forderte Hoyer. "Sonst halten wir nicht mit. Der ganze IT-Markt ist von Amerikanern und demnächst von Chinesen gekapert", nannte er ein Beispiel.

"Genua als Weckruf"

"Der zweite große Bereich, der mir wahnsinnig Sorgen macht" sei der Mangel an Investitionen in die Infrastruktur. Der Brückeneinsturz von Genua sei ein Weckruf. "So krass wie in Genua ist es nicht überall, aber es hätte genauso gut überall passieren können", meint Hoyer und erinnert an drei Rheinbrücken, die nicht mehr uneingeschränkt befahren werden könnten.

Eine Studie der OECD belege, dass man beim Bau großer Infrastrukturprojekte noch einmal 50 Prozent des Investitionsaufwandes einrechnen müsse, um die Qualität über die ganze Nutzungsdauer zu gewährleisten. Da gehe es um echte Renovierung und Modernisierung, "nicht nur eine Teerdecke drüberlegen". Die EU-Staaten leisteten sich aber nur ein Drittel des nötigen Erhaltungsaufwandes. "Der Rest führt zum Verfall des Zustandes der Infrastruktur". Europa brauche Programme, "um unser Eigentum zu erhalten".

Anders sei die Lage beim Neubau von Infrastruktur, etwa für das Stromnetz in Deutschland, sagte der frühere Staatssekretär im deutschen Außenministerin. Da fehlten die Grundinvestitionen. Das liege an mangelhaften Planungsprozessen in Deutschland und an der "politischen Unfähigkeit, dem Sankt Florian entgegenzutreten, weil natürlich jeder sagt, wir müssen unbedingt den ökologisch korrekten Strom von Norden in den Süden bringen, aber bitte nicht über mein Feld".

Deutschland erzeugt derzeit über Windkraft im Norden sehr viel erneuerbaren Strom, der im Süden des Landes gebraucht würde. Seit Jahren werden aber keine Leitungen gebaut, weil es Widerstand der Bevölkerung und noch keine Planung für konkrete Trassen gibt.

(APA)

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