Skandal im Schatten des Verkehrsministeriums

Symbolbild Rechnungshof.
Symbolbild Rechnungshof.(c) Presse Seidler
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Bei der Bundesanstalt für Verkehr wurden laut Rechnungshof nicht nur Millionen zu viel ausgegeben, sondern mutmaßlich auch Gesetze missachtet. Der Beschuldigte weist die Vorwürfe zurück, die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Wien. Wenn die Prüfer des Rechnungshofes eine staatliche Institution unter die Lupe nehmen, finden sie in der Regel immer etwas. Denn selbst in gut geführten Staatsbetrieben oder Ministeriumsabteilungen gibt es Ineffizienzen und Doppelgleisigkeiten. Das Bild, das der am Freitag vorgestellte Bericht über die ehemals dem Verkehrsministerium unterstellte und im Sommer 2017 aufgelöste Bundesanstalt für Verkehr (BAV) zeichnet, ist allerdings auch für den Rechnungshof ungewöhnlich schockierend: So wurden bei der BAV nicht nur Aufträge in Millionenhöhe ungerechtfertigterweise nicht ausgeschrieben und Abrechnungen mit Zulieferfirmen viel zu hoch festgelegt. Sondern auch ein Betrag von 348.000 Euro wurde laut Prüfbericht komplett ohne eine entsprechend nachgewiesene Forderung an zwei Firmen bezahlt. Darüber hinaus soll der ehemalige Leiter der BAV auch die rechtswidrige Weisung erteilt haben, einen Unfallbericht an eine Privatfirma zu übermitteln.

Bis zu ihrer Auflösung hatte die BAV verschiedenste Funktionen in der Verkehrssicherung. Unter anderem war sie für die sogenannte Unterwegskontrolle von Lkw auf den Autobahnen zuständig. Dafür schloss sie mit zwei externen Unternehmen, die beide denselben Geschäftsführer hatten, Rahmenverträge ab, in denen beispielsweise ein Betrag von 54 Euro pro Prüfgutachten vereinbart wurde. Da das Auftragsvolumen in Summe unter dem gesetzlichen Schwellenwert blieb, ging das Ganze ohne Ausschreibung über die Bühne. Nur ein halbes Jahr später wurde der Vertrag jedoch mit einem Ergänzungsvertrag angepasst. Das Entgelt pro Prüfgutachten erhöhte sich um mehr als das Dreieinhalbfache auf 195 Euro, ohne dass die dafür zu erbringende Leistung verändert wurde, schreibt der Rechnungshof. Auch in anderen Fällen sei die Vorgangsweise ähnlich gewesen.

6,3 Mio. Euro zu viel bezahlt

Allerdings erfolgte die Abrechnung schlussendlich „nicht nach den tatsächlich erbrachten Einsatztagen“. Vielmehr vereinbarten der Leiter der BAV und der Geschäftsführer der externen Unternehmen in regelmäßigen Abständen die Anzahl der zu verrechnenden Einsatztage, um die Kosten der Firma decken zu können. Unter dem Strich wurden in den Jahren zwischen 2012 und 2015 laut Rechnungshof dadurch um 5,3 Mio. Euro zu viel für Gutachten und eine Mio. Euro zu viel für Sachverständigenleistungen bezahlt.

Damit aber noch nicht genug. Im Dezember 2016 wurde zwischen dem Leiter und dem Geschäftsführer eine Vereinbarung geschlossen, mit der sämtliche Ansprüche der Firmen gegenüber der BAV abgegolten werden sollten. Die ausgelagerte Einheit des Verkehrsministeriums bezahlte dafür 348.000 Euro. Das Problem laut Rechnungshof: Es gab gar keine offenen Forderungen der Unternehmen gegenüber der BAV mehr, und es konnten auch keine Gegenleistungen für die Zahlung eruiert werden. „Die Argumentation, die Gesamtkosten der beiden Unternehmen für 2016 seien von der BAV noch nicht gänzlich gedeckt und daher bestehe eine Forderung über den Differenzbetrag, konnte der RH nicht nachvollziehen“, so die Prüfer in ihrem Bericht.

Aber nicht nur bei den finanziellen Angelegenheiten übte der Rechnungshof einiges an Kritik. Auch die operative Tätigkeit ließ laut Prüfern zu wünschen übrig. So war die BAV auch für die Erstellung von Unfallberichten nach Unglücken in der Luftfahrt zuständig. Viele dieser Berichte waren aber anstatt nach den gesetzlich vorgeschriebenen zwölf Monaten auch Jahre später noch nicht fertig. In zwei Fällen – den Abstürzen von Polizeihubschraubern über dem Tiroler Achensee 2011 und über Deutschlandsberg 2009 – kam es zudem zu einigen Ungereimtheiten. So wurde der Unfallbericht für Deutschlandsberg einfach ohne Ergebnis eingestellt. Jener für den Achensee-Unfall wurde aufgrund einer Weisung des Leiters der BAV an eine der externen Firmen übermittelt, dort stark gekürzt und in der Folge nie veröffentlicht. Laut Rechnungshof könnte diese Vorgangsweise rechtswidrig gewesen sein.

Staatsanwaltschaft ermittelt seit 2017

Der Rechnungshof gab aufgrund seiner Erkenntnisse bereits während der Prüfung im Jahr 2017 eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft ab. Der Leiter der BAV wurde in der Folge suspendiert und die Bundesanstalt im Juli 2017 überhaupt aufgelöst und teilweise ins Ministerium integriert.

Der ehemalige Leiter der BAV erklärte am Freitag gegenüber dem ORF-Radio allerdings, dass die Erkenntnisse des Rechnungshofes durch die polizeilichen Ermittlungen bereits wieder überholt seien. „Es liegt ein Abschlussbericht vor, in dem festgehalten wird, dass entgegen der Anzeige des Rechnungshofes sehr wohl Leistungen der angeführten Partner der ehemaligen Bundesanstalt für Verkehr gegenübergestanden sind.“ Auch seine einstige Weisung sei nicht rechtswidrig gewesen.

Bei der zuständigen Korruptionsstaatsanwaltschaft heißt es dazu nur, dass das Ermittlungsverfahren in dem Fall nach wie vor laufe. Darüber, ob es strafrechtliche Verfehlungen gegeben habe, könne schlussendlich auch nur die Staatsanwaltschaft entscheiden. (jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2018)

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