Fiskalrat-Chef Felderer legt Amt vorzeitig nieder

Die Presse
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Nach fünf Jahren an der Spitze zieht sich Bernhard Felderer von der Spitze des Fiskalrates zurück. Die Regierung will "demnächst" über die Nachfolge entscheiden. Als Favorit gilt Vizepräsident Gottfried Haber.

Der Fiskalrat, der die Einhaltung der EU-Sparvorgaben in Österreich überwacht, braucht einen neuen Chef. Bernhard Felderer zieht sich nach fünf Jahren an der Spitze mit Ende September zurück. Über die Nachfolge entscheidet die Regierung im Ministerrat - und zwar "demnächst", wie es im Finanzministerium am Freitag hieß.

Felderer begründete seinen Rücktritt ein Jahr vor Ende seines sechsjährigen Mandats mit seinem im März begangenen 77. Geburtstag. Er habe noch viel vor, sagte der gebürtige Kärntner, der lange an Universitäten in den USA und in Deutschland gearbeitet hat, bevor er 1991 Chef des IHS in Wien wurde (bis 2012). So plane er ein Sabbatical in Argentinien und wolle noch einmal an die Universität in Chapel Hill (USA).

"Wenn ich das alles zusammenrechne, muss ich 110 Jahre alt werden", sagte Felderer am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien. Daher habe er Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gebeten, ihn ein Jahr vor Auslaufen seiner Amtszeit abzulösen. Gesundheitliche Probleme habe er nicht, auch keine politischen, versicherte Felderer. Der studierte Jurist und Volkswirt war seit 2006 Präsident des Staatsschuldenausschusses, der Ende 2013 in den "Fiskalrat" überging. Wehmut ob seines Abgangs ließ er auf Nachfrage deutlich durchblicken: "Fragen Sie nicht nochmal, sonst sehen Sie noch Tränen."

Die Entscheidung über Felderers Nachfolge liegt bei der Regierung. Der Ministerrat wird sich laut Finanzministerium "demnächst" mit der Personalie befassen. Als möglicher Nachfolger gilt Fiskalrats-Vizepräsident Gottfried Haber von der Donau Universität Krems. Er gilt als ÖVP-nahe, wurde von der Partei zuletzt für Budgethearings im Nationalrat nominiert und 2014 von der nunmehrigen niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner als Finanzminister ins Gespräch gebracht.

Wer Felderer nachfolgen wird, sagte das Finanzministerium am Freitag nicht. In einer gemeinsamen Aussendung lobten Kurz und Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) Felderer "starken Fürsprecher von geringerer Staatsverschuldung und einer niedrigeren Steuer- und Abgabenquote": "Als Präsident des Fiskalrats hat Professor Bernhard Felderer oft die Finger in die Wunde gelegt, um auf dringend nötige Reformen im Staatsgefüge aufmerksam zu machen."

Felderer selbst zeigte sich zum Abschied durchaus zufrieden mit dem Zustand der Staatsfinanzen in Österreich und Europa. In der EU gebe es kein Defizit mehr über drei Prozent der Wirtschaftsleistung: "Wir sind auf dem Weg zu mehr Finanzstabilität und können ruhiger als 2008 einer möglicherweise kommenden Krise entgegensehen."

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