Euro-Gruppe geht auf Distanz zu Italiens Haushaltsplänen

Jean-Claude Juncker: Italien entfernt sich offenbar von dem haushaltspolitischen Tugendpfad
Jean-Claude Juncker: Italien entfernt sich offenbar von dem haushaltspolitischen TugendpfadREUTERS
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Italien provoziert mit seinen vorige Woche vorgelegten Haushaltsplänen für 2019 einen handfesten Streit mit der EU. Das Land entferne sich offenbar "vom haushaltspolitischen Tugendpfad", sagt Jean-Claude Juncker.

Die umstrittenen Schuldenpläne Italiens stoßen bei den Euro-Partnern auf Ablehnung. Die von der neuen Regierung in Rom vergangene Woche vorgelegten Haushaltsziele hätten Fragen und Sorgen ausgelöst, sagte Eurogruppen-Chef Mario Centeno am Montag nach einem Treffen der Finanzminister des Währungsraums in Luxemburg. Nun sei eine rasche Klärung erforderlich. Italien müsse einen nachhaltigen und glaubhaften Budgetentwurf vorstellen. Dafür sei bis Mitte Oktober Zeit, sagte der Portugiese.

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici sagte, die Brüsseler Behörde werde versuchen, die italienische Regierung davon zu überzeugen, ihre Fiskalziele zu ändern. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker äußerte sich besorgt. Italien entferne sich offenbar "von dem haushaltspolitischen Tugendpfad", den man gemeinsam auf EU-Ebene verankert habe, sagte er bei einer Veranstaltung in Freiburg. Die Griechenland-Krise habe gereicht. "Wir müssen mit Italien strikt und fair umgehen, um eine weitere Krise zu vermeiden." An den Finanzmärkten herrschte weiter Nervosität: Sowohl die Kurse italienischer Staatsanleihen als auch die Mailänder Börse gaben nach.

Italien provoziert mit seinen vorige Woche vorgelegten Haushaltsplänen für 2019 einen handfesten Streit mit der EU. Denn die populistische Regierung in Rom will stärker investieren und kostspielige Wahlversprechen umsetzen - gegen den Willen des eigenen Finanzministers Giovanni Tria und Bedenken in Brüssel. Zu den Kernpunkten des Pakets gehören ein Grundeinkommen für Arme und ein niedrigeres Rentenalter. Die Neuverschuldung soll in der Folge nächstes Jahr bei 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Der parteilose Tria wollte das Haushaltsdefizit auf 1,6 Prozent begrenzen, um die Finanzmärkte zu beruhigen.

Nun muss er den Kurswechsel auf europäischer Bühne rechtfertigen. Italien befinde sich bei dem Verstoß gegen EU-Vorgaben in guter Gesellschaft, sagte Tria nach dem Treffen. "Die Zahl der Länder, die sich an die Regeln hält, ist sehr klein." EU-Kreisen zufolge bezeichnete Tria den umstrittenen Haushaltsentwurf seines Landes bei dem Eurogruppen-Treffen als noch nicht endgültig. Der Wirtschaftsprofessor reiste vorzeitig am Montagabend ab und verpasst das am Dienstag anstehende Treffen der EU-Finanzminister.

Italien reagiert empört auf Kritik

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici betonte, dass der Budgetentwurf "offensichtlich" von den Vorgaben aus Brüssel abweiche und die Behörde prüfen werde, wie schwer die Regelverletzung sei und wie sie sich korrigieren lasse. Diese Äußerungen stiegen bei Italiens Vize-Regierungschef Luigi Di Maio auf scharfe Kritik. Einige europäische Institutionen legten es darauf an, "Terrorismus an den Märkten zu schaffen", sagte der Chef der populistischen 5-Sterne-Bewegung.

Druck auf Italien machten auch die Niederlande und Frankreich. "Die Signale bislang sind nicht sehr beruhigend", sagte der niederländische Finanzminister Wopke Hoekstra. Sein französischer Kollege Bruno Le Maire forderte die neue Regierung in Rom dazu auf, die europäischen Budgetmaßgaben einzuhalten. "Es gibt Regeln. Die sind gleich für alle Staaten", sagte er.

Die EU-Kommission nimmt den Haushaltsentwurf - wie bei den anderen 18 Euro-Ländern auch - von Mitte Oktober bis Ende November unter die Lupe. Bundesfinanzminister Olaf Scholz reiste nicht nach Luxemburg und ließ sich vertreten. 

(Reuters)

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