Produktion von Bekleidung kehrt nach Europa zurück

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Mit Produktionsstätten am alten Kontinent können Modeunternehmen die Lieferzeiten drastisch verkürzen. Auch die Automatisierung trägt zum Umdenken bei.

"Made in China" ist seit vielen Jahren in vielen Kleidungsstücken der westlichen Welt zu lesen. 37 Prozent Anteil hatten die Exporte aus China aus den gesamten Ausfuhren für Bekleidung. Doch das ändert sich gerade. Die niedrigeren Löhne machten China und Südostasien konkurrenzlos für die Modeproduktion, doch nun beginnt sich das Blatt zu wenden. Eine Jeans, die in der Türkei produziert wird, kostet heute drei Prozent weniger als in China, zählt man Fertigungs-, Transport- und Einfuhrkosten zusammen. Für einzelne Kleidungsstücke mit weniger aufwendiger Produktion rechne sich jetzt schon die Rückverlagerung der Herstellung nach Europa, sagt Karl-Hendrik Magnus, Experte für die Modebranche bei McKinsey.

Der Unternehmensberater hat die aktuelle Situation in der Modeproduktion durchleuchtet und ist zu dem Schluss gekommen, dass die extreme Verkürzung der Lieferzeiten, die es Modeunternehmen ermöglicht, viel schneller auf Trends zu reagieren, der Hauptgrund für das sogenannte Nearshoring ist. Schnelle Reaktionszeiten sind ein Muss, um konkurrenzfähig zu bleiben. Die Zeiten, in denen Konsumenten ein halbes Jahr auf angesagte Kleidungsstücke warteten, sind längst vorbei. Heute brauchen Modeunternehmen agile Strukturen, um Trends, die bei Instagram entstehen, nicht zu verpassen, und Warenüberhänge zu vermeiden, so eine wesentliche Conclusio der Studie.

Automatisierung erhöht Produktivität

Das wird auch durch konkrete Zahlen untermauert: Der Anteil der Ware, der zum vollen Preis an die Kunden geht, erhöht sich dadurch um fünf Prozentpunkte, so Achim Berg, Leiter der Modeindustrieberatung bei McKinsey. Mehr als drei Viertel der befragten Experten glauben, dass ein Umschwung zum Nearshoring wegen kürzerer Lieferzeiten bis 2025 wahrscheinlich ist.

Ein weiterer Schub für das Nearshoring geht von der Automatisierung aus, da sie die Produktivität erhöht. Zwar ist die Technologie für die Automatisierung der arbeitsintensiven Näharbeiten insgesamt noch nicht so weit, doch sind inzwischen einige Technologien marktreif, beispielsweise Roboter und Lasertechnologien zur Bearbeitung von Jeans. In den nächsten zehn Jahren könnten 40 Prozent (für komplizierte Kleidung) bis 70 Prozent (für simple Stücke) der Arbeitszeit durch Automatisierung eingespart werden. Das Herstellen einer einfachen Jeans könnte statt derzeit 36 Minuten nur noch 11 Minuten dauern.

Die Produktion wird nachhaltiger, weil weniger Ressourcen verschwendet werden. Automatisierung geht einher mit weniger Wasserverbrauch, Energie- und Chemikalieneinsatz. Nearshoring reduziert Transportwege und damit Umweltverschmutzung. Außerdem ermöglicht Nearshoring mehr On-demand-Produktion, was weniger Bekleidungsmüll zur Folge hat, heißt es bei McKinsey.

(red./herbas)

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