Italiens Banken in Bedrängnis

Mit der schlechteren Bonitätsnote dürfte es für die Regierung noch teurer werden sich frisches Geld am Kapitalmarkt zu leihen.
Mit der schlechteren Bonitätsnote dürfte es für die Regierung noch teurer werden sich frisches Geld am Kapitalmarkt zu leihen.(c) REUTERS (ALESSANDRO BIANCHI)
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Roms Schuldenmisere bedroht den Finanzsektor des Landes. Erste Regierungsvertreter erkennen den Ernst der Lage und fordern mehr Verantwortungsbewusstsein ein.

Wien/Rom. Der Haushaltskurs der populistischen Regierung in Rom stößt auch innerhalb des Landes auf Kritik. Zwar hält eine Mehrheit der Bevölkerung die geplante Neuverschuldung für tragbar, doch bei den italienischen Banken rumort es bereits kräftig. Am heutigen Montag läuft eine Frist der EU-Kommission ab, auf die Kritik der Brüsseler Behörde an der geplanten Ausweitung der Neuverschuldung zu antworten. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte schlug am Wochenende zwar versöhnlichere Töne an: Es werde einen „konstruktiven Dialog“ geben, ein Euro-Austritt sei nicht geplant. In der Sache blieben die Italiener aber stur: Man halte weiter an der Verdreifachung des geplanten Defizits fest. Aber immerhin wolle sich die Regierung Mühe geben, die Haushaltspläne besser zu erklären.

Doch nicht alle in der Koalition sehen die Lage so entspannt. Giancarlo Giorgetti, Sekretär des Ministerrates im Kabinett Conte, warnte am Sonntag, dass die steigenden Zinsen, die Italien seinen Anleihegläubigern bieten müsse, Spannungen im Finanzsystem erhöhen würden. „Das ist ein Risiko für die Banken, das wir nicht ignorieren können“, sagte der Lega-Politiker im Interview mit „Il Messaggero“. Italiens Banken zählen zu den größten Gläubigern der Regierung in Rom. Zugleich sitzen sie auch noch auf 260 Milliarden Euro an faulen Krediten aus der letzten Finanzkrise. Etliche Institute könnten Refinanzierung benötigen, wenn sich die Lage weiter verschärfe, sagte Giorgetti.

Und das ist durchaus wahrscheinlich, nachdem die Ratingagentur Moody's die Kreditwürdigkeit des Landes erst Freitagabend um eine Stufe gesenkt hat. „Die meisten Erhöhungen bei den Regierungsausgaben sind struktureller Natur, was bedeutet, dass sie nur schwer rückgängig zu machen sind“, kritisierte Moody's. Vorgesehen sind unter anderem Steuersenkungen und ein Grundeinkommen für Arme.

Mit der schlechteren Bonitätsnote dürfte es für die Regierung noch teurer werden sich frisches Geld am Kapitalmarkt zu leihen. Die Rendite der zehnjährigen Papiere kletterte zuletzt auf rund 3,8 Prozent. Das ist der höchste Stand seit viereinhalb Jahren. Der Risikoaufschlag zu vergleichbaren Bundesanleihen liegt zudem so hoch wie zuletzt während der Euro-Schuldenkrise 2012. Weitere Herabstufungen könnten noch im Oktober folgen. Wegen der kostspieligen Wahlversprechen und Befürchtungen einer neuen Schuldenkrise haben ausländische Investoren seit Mai ihre Engagements in italienischen Staatsanleihen um 67 Milliarden Euro reduziert.

EZB will nicht die Feuerwehr spielen

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) will sich bei der Zinssitzung am kommenden Donnerstag mit der finanziellen Lage Italiens beschäftigen. Experten erwarten, dass EZB-Präsident Mario Draghi mahnende Worte an seine Landsleute richten wird. „Die EZB wird solange keine Bereitschaft zeigen, Italien zu unterstützen, sofern nicht auch andere Länder unverschuldet mit in die Krise hineingezogen werden,“ sagt BayernLB-Volkswirt Stefan Kipar. Er glaubt nicht, dass sich die Notenbank von Italien zu Änderungen in ihrer Geldpolitik gezwungen sieht. Dieser Meinung ist auch ING-Diba-Chefvolkswirt Carsten Brzeski: „Es muss definitiv schon einen ernsthaften Wachstumsdämpfer, eine Eskalation der italienischen Krise oder Handelsspannungen mit spürbaren Folgen an den Finanzmärkten geben, bevor die EZB ihren Kurs ändert.“

Notenbankinsidern zufolge kann Italien im Fall von Zahlungsproblemen nicht auf die EZB als Feuerlöscher setzen. Die EU-Regeln verbieten es den europäischen Währungshütern einem Land zur Hilfe zu kommen – es sei denn, dieses hat einem Rettungsprogramm der EU-Partner zugestimmt. Das wäre jedoch wie bei den Griechenland-Hilfen mit harten Spar- und Reformauflagen verbunden. (red./ag.)

AUF EINEN BLICK

Italiens Haushaltsstreit mit der EU schlägt sich zunehmend auf die Finanzbranche des Landes nieder. Mit dem Lega-Politiker Giancarlo Giorgettiwarnte erstmals auch ein Regierungsmitglied vor einem Risiko für die Banken, das wir nicht ignorieren können. Italiens Kreditinstitute sind nicht nur einer der größten Gläubiger der Regierung in Rom, sie sitzen auch noch auf 260 Milliarden Euro an faulen Krediten aus der letzten Finanzkrise. Bis zum heutigen Montag muss Rom Antworten auf Brüssels Fragen zum heftig kritisierten Haushaltsplan finden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2018)

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