Voestalpine-Chef: USA sitzen gegenüber China auf längerem Ast

Voestalpine Chief Executive Eder addresses a news conference in Vienna
Voestalpine Chief Executive Eder addresses a news conference in ViennaREUTERS
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Die USA haben mehr Hebel, sagte Wolfgang Eder. Der Welthandel sei derzeit in Richtung "Merkantilismus" unterwegs - jeder Staat mache wieder, was er will.

Das grob unkonventionelle Ausscheren des US-Präsidenten Donald Trump von den über Jahrzehnte etablierten Regeln im Welthandelssystem "führt zu massiven Veränderungen in den internationalen Handelsströmen", stellte Wolfgang Eder, Chef des oberösterreichischen Stahlkonzerns voestalpine,  am Montag vor Journalisten fest. Die EU mache sich im internationalen Handelsstreit "kleiner und schwächer als sie ist".

"Würde man sich international als 'EU' verkaufen, wären wir der potenteste Wirtschaftspartner der Welt", meinte Eder und kritisierte damit Vorstöße einzelner EU-Mitgliedstaaten, sich mit Trump bilateral zu arrangieren.

Die USA führten per 1. Juni 2018 einen Sonderzoll von 25 Prozent auf Stahl sowie von 1zehn Prozent auf Aluminium ein. In der globalen Stahlindustrie sei es dadurch bereits zu Umlenkungseffekten zulasten Europas gekommen: "Europa hat fast fünf Millionen Tonnen Stahl verloren, die USA haben 2,3 Millionen Tonnen gewonnen", erklärte Eder und verglich dabei die heurige Entwicklung gegenüber 2017. Mittlerweile seien nicht nur Stahl und Aluminium betroffen, sondern auch landwirtschaftliche Produkte bis hin zu Diskussionen um die Autoindustrie. "Eine ganze Reihe von Staaten klagt vor der WTO (Welthandelsorganisation, Anm.), wenn ein Land einseitig versucht, den Welthandels zu dominieren", sagte der voestalpine-Chef.

China im Hintertreffen

China sieht Eder allerdings insgesamt etwas im Hintertreffen: "Ich glaube, dass China derzeit intensiv daran arbeitet, mit den USA in eine möglichst breite Vereinbarung zu kommen, da seine Möglichkeiten auf die USA zu reagieren relativ gering sind." Wenn man den wirtschaftlichen Hebel Chinas betreffend Exporte und Importe mit den USA vergleiche, dann sei der amerikanische dreimal länger.

Insgesamt sei der Welthandel "ein über die vergangenen 40 Jahre fein austariertes System - die Einbindung der früheren Ostblockländer und Chinas hat recht gut funktioniert", so Eder. "Alles in allem hat sich dieses Gesamtsystem so entwickelt, dass die Armut in der Welt und der Hunger gesunken sind - das ist nicht zuletzt auf die Interessenbalance in den Handelsströmen zurückzuführen", sagte Eder. Nun gehe es wieder zurück in Richtung "Merkantilismus" - jeder Staat mache wieder, was er will.

voestalpine steht zu Großbritannien

voestalpine will auch im Falle eines ungeregelten EU-Austritts der Briten ("Hard Brexit") in Großbritannien bleiben. Die finalen Verhandlungen beobachtet Konzernchef Eder unaufgeregt: "Wir müssen im Moment die nächsten Monate abwarten - wir halten alles, was wir dort haben, am Laufen." Der Konzern werde keine Akquisitionen machen und investiere auch nicht. An einen Abzug der voestalpine denkt der Vorstandschef aber keinesfalls: "Selbst im Extremfall eines 'Hard Brexit' sollten wir keine nennenswerten Nachteile haben, weil wir primär für den 'UK'-Markt produzieren", erklärte Eder am Montag vor Journalisten in Wien.

"Wird spannend", meinte er im Hinblick auf die anstehende Abstimmung des Britischen Parlaments über das Brexit Abkommen mit der EU.

Die voestalpine, die in den USA in den vergangenen vier Jahren 1,4 Mrd. Dollar investierte und dort zuletzt mit 3.000 Mitarbeitern an 48 Standorten einen Jahresumsatz von 1,3 Mrd. Euro erwirtschaftete, stemmt sich mit drei Strategien gegen die Sonderzölle des US-Präsidenten: Zum Teil versucht der Stahlkonzern die zusätzlichen Kosten via Preiserhöhungen auf die Kunden abzuwälzen. Parallel dazu hat die Voest in den USA rund 5.500 Anträge auf Ausnahmen eingereicht. "Wir haben 3.300 Rückmeldungen, etwa 2.950 davon positiv", berichtete Eder. Allerdings stehe die für den Konzern sehr wichtige Entscheidung zu Nahtlosrohren noch aus. Die dritte Möglichkeit sind Produktionsverlagerungen, z. B. von den USA in Richtung Mexiko, wo der Konzern bereits 565 Mitarbeiter an zwölf Standorten beschäftigt. Was bremst sind allerdings die dort gestiegenen Mindeststundenlöhne und Vorgaben für die Mindestwertschöpfung.

(APA)

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