Geringe Steuern aber viele Regeln für Familienbetriebe

Geringe Steuern aber viele Regeln für Familienbetriebe-
Geringe Steuern aber viele Regeln für Familienbetriebe-(c) Clemens Fabry
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Eine Studie des deutschen Instituts ZEW hat Länder auf ihre Vorteilhaftigkeit für Familienbetriebe untersucht. Die Ergebnisse weichen von anderen Rankings deutlich ab.

Wien. Internationale Standortrankings sollten zwar nicht überbewertet werden, dennoch geben sie in der Regel einen guten Überblick, in welchen Bereichen ein Land tendenziell wettbewerbsfähiger ist und in welchen nicht. Das bekannteste dieser Rankings ist der jährlich erscheinende „Global Competitiveness Report“ des in der Schweiz beheimateten World Economic Forum. Bei ihm erreichte Österreich zuletzt Platz 18 von 137. Als Problemfelder werden die hohe staatliche Bürokratie und die Steuerbelastung genannt.

Allerdings zielt das WEF bei seiner Berechnung vor allem auf große internationale Konzerne ab. Deren Realität unterscheidet sich mitunter jedoch vom typischen Mittelständler, der in Deutschland und Österreich das Rückgrat der Wirtschaft bildet und vielfach noch in Familienbesitz ist. Das deutsche Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW erhebt daher seit 2006 im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen einen eigenen Länderindex für ebendiese Firmen.

Beispielbilanz in jedem System

„Bei Familienunternehmen geht es beispielsweise nicht nur um die Besteuerung auf der Firmenseite, sondern auch um jene auf der Seite der Anteilseigner“, erklärt Studienautor Friedrich Heinemann im Gespräch mit der „Presse“ die Unterschiede. Um das ordnungsgemäß herauszuarbeiten wird für jedes Land ein Beispielunternehmen im jeweiligen Steuersystem bilanziell durchgerechnet.

In Summe erzielte Österreich bei der am Montag veröffentlichten sechsten Ausgabe der Indizes den elften Platz von 21 untersuchten Ländern. Gegenüber dem Jahr 2016 war das eine Verschlechterung von einem Rang (siehe Grafik). Besonders interessant sind dabei jedoch die Detailergebnisse.

Steuern und Abgaben

Am überraschendsten ist wohl Österreichs Abschneiden im Bereich Steuern. Denn mit Rang sechs liegt das Land im vorderen Viertel und lässt Länder wie Irland, die USA oder Großbritannien hinter sich. Dafür gibt es mehrere Gründe, so Heinemann. So ist zwar die Körperschaftsteuer in anderen Ländern niedriger, dafür gibt es etwa in Deutschland oder Ungarn eine hohe kommunale Gewerbesteuer oder in Großbritannien höhere Grundsteuern. Bei der laufenden Steuerbelastung liegt Österreich dennoch nur auf Platz 15.

Den großen Sprung nach vorn macht Österreich vor allem durch das Fehlen jeglicher Erbschaftssteuer. „Die Firmenübergabe von einer Generation auf die nächste bringt in vielen Ländern oft einen großen steuerlichen Einschnitt“, so Heinemann. Das fällt hierzulande vollkommen weg. Zudem ist auch das System weniger kompliziert als anderswo. So benötigte die Steuererklärung der Beispielfirma in Österreich 131 Stunden – in Deutschland waren es 218.

Regulierung

Anders sieht die Lage im Kapitel Regulierung aus. Dort verschlechterte sich Österreich 2018 um einen Rang und belegt nun den letzten Platz. Das Thema Bürokratie wird zwar auch beim WEF regelmäßig kritisiert, allerdings geht es dort vor allem um die Geschwindigkeit von Firmengründungen oder Ähnliches. Beim Ranking des ZEW sind es hingegen Punkte, die in Österreich oft als Vorteil gesehen werden.

So ist demnach die hohe Abdeckung mit Kollektivverträgen ein Nachteil. Das führt zwar zu hohem sozialen Frieden und wenig Streiks (vor allem bei Großunternehmen). Familienbetriebe haben dadurch allerdings den Nachteil, dass die individuelle Situation kaum in die Lohngestaltung einfließen kann. Bekannterweise können kleinere Firmen oft nicht so hohe Gehälter zahlen wie große.

Ebenfalls als Negativkriterium werden die strengen Vorgaben hinsichtlich der Arbeitnehmervertretung angesehen – wie etwa die Pflicht zur Freistellung der Betriebsräte ab einer gewissen Größe. Auch das sei für Familienbetriebe schwerer zu verdauen als für Konzerne. Grundsätzlich würden sich regulative Einschränkungen bei Mittelständlern stärker auswirken, weil diese durch kurze Entscheidungswege eigentlich Vorteil gegenüber den Großen hätten.

Arbeitskosten

Ebenfalls unterdurchschnittlich fällt das Ergebnis von Österreich im Bereich Arbeitskosten und Produktivität aus – mit Rang 16. Hierbei ist es allerdings vor allem das Verhältnis aus den beiden Kriterien, das nicht passt. So liegt die „teure“ Schweiz aufgrund ihrer Produktivität an erster Stelle, während die „billige“ Slowakei den letzten Platz hat.

Sonstige Kriterien

Bei den Kapiteln Finanzierung, Infrastruktur und Institutionen sowie Energie liegt Österreich im Mittelfeld. Die größte Auffälligkeit gibt es dabei im Unterpunkt Kriminalität. Hier haben sich die Kosten für Unternehmen – wenn auch von niedrigem Niveau – zuletzt deutlich gesteigert, so die Studie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2019)

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