Früchte aus Fernost erobern die Welt

Viele Lebensmittel kommen mittlerweile aus China.
Viele Lebensmittel kommen mittlerweile aus China. (c) Bilderbox
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Äpfel, Erdbeeren, Spargel oder Knoblauch. Viele Lebensmittel kommen mittlerweile aus China. Man findet sie beim Diskonter, in Fertigprodukten und Großküchen.

Im Herbst 2012 wurde es erstmals einer breiten Öffentlichkeit vor Augen geführt. Lebensmittel aus China sind bei uns längst allgegenwärtig. Vor allem in der Systemgastronomie, in Großküchen und bei Diskontern findet man sie. Oft steht nicht China drauf, wo China drinnen ist. Denn als Herkunftsbezeichnung muss lediglich der Produzent angeführt werden. Und dessen Adresse befindet sich in der Regel in Deutschland oder Holland.

Im Oktober 2012 erkrankten 11.000 Schüler in Ostdeutschland an Brechdurchfall. Tagelang wütete das Noro-Virus und sorgte für Schlagzeilen über die deutschen Grenzen hinaus. Vor allem gingen die Wogen hoch, als bekannt wurde, was die Ursache dieser Epidemie war. Es waren Erdbeeren aus China. Ein Catering-Unternehmen, das unzählige Schulkantinen belieferte, hatte die Erdbeeren billig aus der Volksrepublik importiert. Die Empörung war groß – und seither reißen vor allem in diversen Internetforen die Horrormeldungen von verseuchter Nahrung aus China nicht ab.

Tatsächlich halten die meisten davon einem Realitätscheck nicht stand. Um Lebensmittel in die EU importieren zu dürfen, müssen natürlich die hohen EU-Richtlinien erfüllt werden. Laut den Berichten der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA befindet sich China, was beanstandete Proben betrifft, in breiter Gesellschaft. Nahrungsmittel aus der Türkei werden viermal so oft kontrolliert. Und Produkte aus Südafrika, Ägypten oder Kenia werden ähnlich oft beanstandet wie jene aus China. Das ändert nichts daran, dass nach wie vor etwa jede sechste Probe von chinesischen Lebensmitteln von den EU-Lebensmittelhütern zurückgewiesen wird. Die größte Umweltsünde steckt allerdings nicht in der Pflanze, sondern in den weiten Transportwegen. Aber so lange Konsumenten erwarten, dass sämtliches Obst und Gemüse jederzeit verfügbar sein muss, wird sich diese Entwicklung nicht ändern.

Was chinesische Erdbeeren betrifft, so landen sie in den seltensten Fällen als ganze Früchte in Schulkantinen. In der Regel findet man sie in Fruchtjoghurts, tiefgefrorenen Erdbeerknödeln oder in Tiefkühltorten. Dasselbe gilt für Äpfel. China ist der größte Apfelproduzent der Welt. In der Vergangenheit landeten diese Äpfel überwiegend als Apfelsaftkonzentrat auf dem Weltmarkt und in weiterer Folge in den amerikanischen und europäischen Supermarktregalen. China deckt die Hälfte des weltweiten Bedarfs an Apfelsaftkonzentrat. 70 Prozent des Apfelsafts, der in den Vereinigten Staaten konsumiert wird, kommen aus China. Dabei sind die USA in Sachen Weltproduktion auf Platz zwei.

Chinesen essen mehr Obst. Doch mittlerweile führte der steigende Wohlstand in China dazu, dass nicht nur mehr Fleisch konsumiert wird, sondern auch immer öfter Obst auf dem Speiseplan steht. Äpfel erfreuen sich bei Chinesen immer größerer Beliebtheit. Jährlich wächst der Apfelkonsum im Reich der Mitte um beachtliche 80 Prozent. Die rasant steigende Nachfrage nach Obst im eigenen Land führte in den vergangenen Jahren auch zu enormen Preissteigerungen. Die Preise für Fruchtsaftkonzentrat haben sich etwa vervierfacht. Und auch die Qualität nimmt zu. Mittlerweile haben Lebensmittelkonzerne keine Scheu mehr davor, chinesische Lebensmittel anzupreisen. Zumal China auch sehr viel Know-how in die Züchtung neuer Obstsorten steckt. Die Pomelo etwa ist eine Kreuzung aus Grapefruit und Pampelmuse und kostet im heimischen Supermarkt pro Stück etwa 2,50 Euro.

China ist auch der mit Abstand größte Spargelproduzent der Welt. Auf knapp 1,5 Millionen Hektar werden jedes Jahr fast sieben Millionen Tonnen weißer Spargel hergestellt. Nur um die Dominanz zu demonstrieren: Peru, der zweitgrößte Spargelproduzent der Welt, erntet jährlich etwa 400.000 Tonnen. Europas größter Spargelstecher, Deutschland, kommt gerade einmal auf 120.000 Tonnen – freilich handelt es sich dabei meist um Spitzenqualität, etwa um Solospargel. Die Spargelernte in Österreich liegt übrigens unter 10.000 Tonnen.

Chinesischer Spargel kommt geputzt und sortiert glasweise nach Europa. Spargel aus China landet vor allem in Suppen und Fertigprodukten und ist in Anbetracht der sehr arbeitsintensiven Produktion preislich ziemlich konkurrenzlos. Zumal auch keine Gefahr droht, dass – wie bei Äpfeln – der Spargelkonsum in China steigen könnte. Chinesische Gaumen finden nämlich nichts an dem bei uns beliebten Gemüse. Red.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2019)

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