Gewerkschaft: "Da können wir nicht ganz zufrieden sein"

Verhandlungsführer Reinhard Bödenauer
Verhandlungsführer Reinhard Bödenauer APA/HELMUT FOHRINGER
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Der neue Kollektivvertrag in der Sozialwirtschaft bringt ein Lohnplus von 3,2 Prozent. Dennoch ist die Gewerkschaft mit dem Abschluss nicht ganz zufrieden: "Bei der Arbeitszeit wollten wir mehr."

Trotz der Einigung auf einen neuen Kollektivvertrag in der Sozialwirtschaft ist die Gewerkschaft nicht ganz zufrieden. Mit den erzielten 3,2 Prozent Gehaltserhöhung zeigten sich Verhandlungsführer Reinhard Bödenauer und GPA-Vorsitzende Barbara Teiber zwar einverstanden, dass es aber nur einen zusätzlichen Urlaubstag ab zwei Jahren Betriebszugehörigkeit gibt, reicht ihnen nicht aus.

Nach dreitägigen Warnstreiks in der vorigen Woche wurde in der fünften Verhandlungsrunde nach 17 Stunden in der vergangenen Nacht eine Einigung für die rund 100.000 Beschäftigten im privaten Sozial-und Gesundheitsbereich erzielt. Sie sieht eine Gehaltserhöhung von 3,2 Prozent und zusätzlich für Lehrlinge 100 Euro extra monatlich vor. Statt der von der Gewerkschaft geforderten 35-Stunden-Woche und der sechsten Urlaubswoche für alle gibt es allerdings nur einen zusätzlichen Urlaubstag ab zwei Jahren Betriebszugehörigkeit.

Darüber hinaus wurden jedoch einige arbeitsrechtliche Vorteile für die Arbeitnehmer vereinbart. So müssen für geteilte Dienste künftig immer mindestens fünf Stunden bezahlt werden. Das gilt auch dann wenn man etwa nur 1,5 Stunden jeweils am Vormittag und am Nachmittag arbeitet und dazwischen einige Stunden Pause hat. Dazu muss auch die Wegzeit vom letzten Klienten nach Hause bzw. dann wieder zum ersten Klienten bezahlt werden. Zusätzlich gibt es künftig für kurzfristiges Einspringen für verhinderte Kollegen eine Zulage, bisher wurde das als normale Arbeitszeit abgerechnet. Darüber hinaus gibt es einen Anspruch auf Altersteilzeit, die Möglichkeit, Umkleidezeit als Arbeitszeit zu werten und bei Dienstplänen soll die Planungssicherheit erhöht werden.

Bei Arbeitszeit wollten wir mehr"

Für Teiber ist das "ein sehr guter Abschluss, aber bei der Arbeitszeit wollten wir mehr. Da können wir nicht ganz zufrieden sein." Es sei zwar einiges bei der Arbeitszeit gelungen, aber nicht die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit. "Die Arbeitszeit bleibt auf unserer Forderungsliste", sagte Teiber im Ö1-"Morgenjournal", da werde man "dranbleiben". Es gehe um eine Attraktivierung der Arbeitsbedingungen "und da gehört die Arbeitszeit jedenfalls dazu".

Der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Walter Marschitz, bezeichnete die 3,2 Prozent Gehaltserhöhung als "einen Schritt, um den Beruf attraktiver zu machen". Im Zusammenhang mit diesem sehr guten Lohnabschluss wären die Forderungen der Gewerkschaft zur Arbeitszeitverkürzung "einfach nicht leistbar" gewesen. Außerdem wäre seiner Auffassung nach die Arbeitszeitverkürzung in Zeiten des Personalmangels "nicht der richtige Weg" gewesen.

Marschitz verwies auch darauf, dass nur rund ein Drittel der Mitteln von den Kunden komme, aber ungefähr zwei Drittel von der öffentlichen Hand. Deshalb kündigte er an, dass man etwa in der Pflege "zusätzliche öffentliche Anstrengungen" brauchen werde, um die Herausforderungen der Zukunft bewältigen zu können. Unterstützung bekommt er in diesem Punkt von der Gewerkschaft. Die Politik sei gefordert, die Pflege, die Betreuung auszufinanzieren, sagte Teiber. Auf kommunaler Ebene und auch in der Bundespolitik seien alle gefordert, langfristig die Pflege zu finanzieren.

Von dem Abschluss profitieren vor allem Pflegekräfte, Mitarbeiter in der Behindertenhilfe, in der Senioren- und der Jugendbetreuung sowie im Gesundheitswesen, die in Organisationen wie der SPÖ-nahen Volkshilfe, dem ÖVP-nahen Hilfswerk oder der Lebenshilfe beschäftigt sind.

(APA)

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