Fall der Woche: Ein Formfehler mit gravierenden Folgen

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Fehlende Unterschrift: Testament ist ungültig.

Ein schwer sehbehinderter Mann wollte im Jahr 2012 seinen Nachlass regeln. Erben sollten seine Schwester und seine Haushälterin zu gleichen Teilen.

Er ging also zu einem Rechtsanwalt und ließ dort die Urkunde aufsetzen. Ausgedruckte Texte konnte er nicht mehr lesen – also ging der Anwalt nach den Sonderregeln für Testamente leseunfähiger Personen vor. Zwei Testamentszeuginnen nahmen Einsicht in die Urkunde, ein Rechtsanwaltsanwärter, der als dritter Zeuge fungierte, las sie dem Erblasser vor. Dieser bestätigte, dass der Inhalt der Urkunde seinem Letzten Willen entspreche. Dann unterschrieben alle drei Zeugen.

Im Jahr 2015 verstarb der Mann. In seinem Testament hatte er nicht alle seine Verwandten bedacht – und es kam, wie es in solchen Fällen oft kommt: Die Gültigkeit des Testaments wurde angefochten. Zu Recht, wie der Oberste Gerichtshof entschied (2 Ob 126/18w): Zusätzlich zu den Sonderregeln für Leseunfähige hätten auch noch die allgemeinen Vorschriften, die für fremdhändig verfasste Testamente gelten, eingehalten werden müssen. Die Unterschriften der Zeugen reichten demnach nicht, der Erblasser hätte auch selbst unterschreiben müssen. Fazit: Das Testament ist ungültig.

Inzwischen wurden die Formvorschriften für fremdhändige letztwillige Verfügungen übrigens noch weiter verschärft: Der Erblasser muss jetzt auch noch eigenhändig dazuschreiben, dass die Urkunde seinen Letzten Willen enthält.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.03.2019)

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